2. An die Mutter

[2] 2. An die Mutter


Hannover d. 30ten September. 1848.


Meine liebe Mama!

Vorgen Mittwoch, Abends 10 Uhr, kam ich hier auf eine ziemlich prosaische Weise wieder an. Ich ging um halb sieben Uhr von Lüethorst zu Fuß aus nach Einbeck, fuhr von da ab per Omnibus nach Alfeld u. dachte auf dieselbe Weise meine Reise bis Hannover fortzusetzen. Indeß der Omnibus nach Hannover war schon abgefahren, als ich in Alfeld ankam, u. ich war deshalb genöthigt den nach Hildesheim zu benutzen. Hier kam ich wieder zu spät; der Nachmittagszug war abgegangen, so daß ich den Abendzug bis 8 Uhr erwarten mußte; dazu kam unterwegs noch ein Aufenthalt von anderthalb Stunden in Lehrte ...

Ehegestern habe ich mich wieder in die polytechnische Schule aufnehmen laßen, u. bin für den nächsten Kursus eingeschrieben für Elementarmathematik, Chemie, Zeichnen u. Boßiren. Die Elementarmathematik hätte ich meinem Zeugniße nach eigentlich nicht wieder mit zu nehmen brauchen, indeß ich weiß selbst am besten, wie es mit mir steht. Es ist für mich nicht allein nöthig, daß ich den Vortrag verstanden habe, sondern mein künftiger Lebenszweck er heischt mehr als das; ich muß ihn auch durchweg u. zu jeder Zeit im Gedächtniße bereit haben. Dazu ist aber der verfloßene Cursus viel zu unvollständig gewesen; wie du weißt: wegen der Unruhen u. der Krankheit des zweiten Direkters. Besonders ein Haupttheil der Elemente, wie die Trigonometrie, ist so flüchtig vorgetragen, daß es für jemanden, der noch unbewandert in Mathematik ist, unmöglich wird, ihn vollständig sich zu eigen zu machen. Ich sagte das dem Direkter Karmarsch bei der Aufnahme, was er sehr günstig aufnahm. Er sagte: es zeuge von vieler Einsicht.

Ich werde täglich 6 Stunden haben, also wöchentlich 30 Stunden. Morgens von 7-9 Boßiren im Sommer, im Winter von 6-8 Uhr Abends. Elemente von 9-10 Morgens u. von 2-3 Nachmittags. Chemie von 10-11 Uhr Morgens. Zeichnen von 11-12. Nächsten Montag nimmt die Schule ihren Anfang. Elemente werden die ersten acht Tage, wie ich höre, nicht sein.

Nächste Woche nehmen die englischen u. französischen Stunden ihren Anfang.

Justus hat seine Karrière, in die er ursprünglich einzutreten gedachte, geändert. Er will jetzt Seemann werden.

Onkel Ebh. hat das Schulgeld für mich bezahlt; 22 Thaler. Außerdem hat er noch 3 rth für französischen Unterricht u. 1 Louis d'or für Schwimmunterricht für mich ausgelegt.

Wie ist Fanny angekommen? – Viel Grüße von Allen an Alle.

WBusch.


N.B. Es würde mir sehr angenehm sein, wenn Ihr mir etwas Taschengeld schicktet, um davon kleine Ausgaben zu bestreiten; Fanny hat meinen Geldbeutel noch. – Kommt der Kiepenmann nicht einmal. Ich habe ein Paar Stiefel, die besohlt werden müßen; ich glaube, das kann am billigsten bei Euch geschehen. – Wie weit ist es mit meinem Überzieher gediehen.

W.


P.S.d.P.S.

Schickt mir doch durch Gerland einiges Papier; sowohl Pfennigs als 2 Pfennigspapier.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 2.
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