1173. An Grete Meyer

[119] 1173. An Grete Meyer


Hattorf a/ Harz 4. Febr. 1898.


Liebe Grete!

Du bist, seh ich, recht bei der Sach, und das ist gut, und die geistige Beschränktheit, von der ich einst scherzhaft prophezeite, ist auch sehr gut, ja, nothwendig, sozusagen. Die Schläge mitten auf den Kopf, nicht die Schläge beizu, treiben den Nagel in die Wand. Doch einen gelegentlichen Seitenblick zum Verpusten wirst du dir gewiß mal erlauben dürfen. Nur hübsch gemüthlich und unbefangen! Zum Exempel, der harmlose Vergleich zwischen Noten und Kulquabben wollte nichts weiter sein, als eine Gedankenspielerei ansich, ohne jede "schmerzhafte" Bezüglichkeit.

Dat konnst'e di doch wol denken!

Dein Brief kam über Wiedensahl hinter mir her. Seit vierzehn Tagen bin ich hier. Die Kinder sind lustig anzusehn. Trudel liest fertig, schreibt selbständig ein richtiges Brieflein in wohlgeformten Buchstaben und wird bald fixer rechnen können, als der würdige Großonkel.

Nach der Verkoppelung, bei dem gelinden Winter, haben die Hattorfer draußen gar schrecklich geschanzt und gewühlt. Hermann's großer neuer Garten, hinter dem Kirchenhofe, liegt, mit Drath umzogen, bereit zur Bestellung. – Die Hühner legen vermuthlich nach bestem Gewißen; aber Sophiechen, natürlich, will mehr. – Hermann hat auf dem Ofen eine Menge der schönsten Krokus und Tulpen gezogen, die nun unten in der Stube am Fenster prangen. – Mein Wetter hierselbst, obschon kaum kühl, war naß und ungestüm. Der Wind buffte gegen das Haus und flötete scharf hinter den Fensterläden. Gestern mischte sich Schnee in den Regen. Erst wurd es weiß auf den Bergen, dann auch herunten. Morgen Nachmittag will ich Hermann seine Überschuhe leihen, um durch den Kladder zum Bahnhof zu platschen. Ich denke nämlich über Gieboldehausen, wo ich abgeholt werde, auf drei Tage nach Ebergötzen zu fahren, von da nochmals nach Hattorf zurück zu kehren und darauf, so nach einer dicken Woche etwa, mal wieder in Wiedensahl zu sein.

Leb wohl, mein liebs Gredel! Die großen und kleinen Pfarrersleute grüßen dich herzlich und dein

alter Onkel Wilhelm.


erst recht!

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 119.
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