1711. An die Nomos-Uhr-Gesellschaft Glashütte

[308] 1711. An die Nomos-Uhr-Gesellschaft Glashütte


Die Uhr.


Fürwahr, ein feines Kunstwerk ist die Uhr! –

Der Wilde zwar, nach dummer Väterweise,

Besitzt noch nicht ein solches Zeitgehäuse,

Denn was ihn drückt, ist Mangel an Kultur.

Wir dahingegen, die schon mehr gescheit,

Sind längst beseelt vom Geist der Pünktlichkeit,[308]

Unfehlbar sicher trifft die Exzellenz

Beim Hofe ein zur höchsten Audienz.

Der Herr Beamte, immer thatenfroh

Erscheint auf die Minute im Büro.

Dem Reiseonkel, selbst in größter Hast,

Passiert es nie, daß er den Zug verpaßt.

Der Schüler, dem das Lernen ein Genuß,

Weiß ganz genau, wann er zur Stunde muß.

Und der Soldat erst recht ist prompt am Platz

Bei der Parade, wie bei seinem Schatz. –

Kurzum, präzis benimmt sich fast ein Jeder. –

Das macht allein die kleine stramme Feder,

Die innerlich das runde Ding bewegt,

Was man als Mensch von pünktlicher Dressur,

Besonders, wenn es eine Nomos-Uhr,

Zu Nutz und Zier am warmen Busen trägt.

Sehr häufig zieht der Jüngling sie herfür

Und macht damit auch andern ein Pläsier.


Februar 1907

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 308-309.
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