Zwölfte Scene.

[30] Rosel. Wirth.


WIRTH. Holdes Täubchen, guten Tag. Heute werd ich sehr glücklich seyn, weil mir ein so schönes Geschöpf als das erste Wesen bey meinem heutigen Spaziergang entgegen tritt. Bon jour Madame Schusteriän. Je suis bien aise de vous voir.

ROSEL. Ey, der Tausend! sie sprechen ja gar französisch.

WIRTH. Ey, ein Wirth kann so gar was lernen, wann's ihm Geld trägt. Liebste Rosine, ich habe neulich einen Brief auf Kartenpapier geschrieben, und hab meine Gesinnungen erklärt; was hab ich nun zu hoffen?

ROSEL lacht. Hören Sie auf! Mit Ihren Gesinnungen.

WIRTH stutzt. Sie lacht? das ist traurig. Verzeihen Sie, warum lachen Sie? Hab ich vielleicht einen schwarzen Fleck im Gesicht, ich bin heut schon in der Kuchel gewesen –

ROSEL auf den Kopf zeigend. Hier, hier, sind sie schwarz. Wie kommen Sie mir vor. Wie können[30] Sie von einer Lieb' zu mir reden. Sie, der Sie mich und meinen armen Treuhold wegen einer unbedeutenden Schuld, bis aufs Äußerste quälen.

WIRTH. Das wird aufhören, Schätzchen, wenn du Ja sagst. Über die Schuld mach ich einen Strich, so dick wie ich selber bin – Zudringlich. Aber dich muß ich besitzen, du mußt mein seyn!

ROSEL tritt zurück. Langsam! Nicht so keck. Verschonen Sie mich und, meiden Sie das Aufsehen. Wenn Sie mir gut seyn, so seyn Sie bescheiden, sonst ist's mit uns nichts!

WIRTH. Ich hab' also Hoffnung?

ROSEL. Nur bescheiden; wir wollen sehen.

WIRTH. O laß mich ein Wort des Trostes hören!


Duett.


ROSEL.

Bescheidenheit müssen Sie ehren,

Bescheidenheit adelt den Mann,

WIRTH.

Und Liebe mußt du mir gewähren,

Dann künd ich bescheiden mich an.

ROSEL.

Was nützet ihr Dringen und Bitten

Wir Weiber wir zaudern nicht gern,

Ein Mann von Erziehung und Sitten,

Den wünschen wir selber nicht fern.

WIRTH.

So laß mich das süße Wort hören,

Du liebst mich und willigest ein;

Willst Liebe und Treue mir schwören

Die Meine auf ewiglich seyn.[31]

ROSEL.

Das kann ich nicht wagen, ich achte

Zu hoch meinen künftigen Mann –

WIRTH.

Ja wie aber, wenn ich verschmachte,

ROSEL.

So liegt mir grad auch nichts daran;

WIRTH.

O Tygrinn! o Löwinn, Hyäne –

O Weiber von Stein und von Eis!

Wir schwören, ihr zeigt uns die Zähne,

Ihr frieret und wir sind so heiß!

ROSEL.

O Männer so schlau wie die Füchse,

Wer euch glaubt, hat trüglich gesetzt;

Am Anfang voll freundlicher Knickse,

Verstoßt ihr uns lachend zuletzt!

WIRTH.

Ein Küßchen!

ROSEL.

Mit nichten!

WIRTH.

Nur einen!

Ein Mäulchen –

ROSEL.

Bewahre!

WIRTH.

So komm!

Zwey Küßchen –

ROSEL.

Ey ja doch! gar keinen,

WIRTH.

Ich bin ja bescheiden und fromm.


Beyde.


ROSEL.

Nein, nein, es kann nicht seyn!

Fort mit solchen Neckereyen!

Fort mein Herr und Ruhe mir!

Fort, von diesem Hause hier.

WIRTH.

Gut, mein Kind, es soll nicht seyn –

Aber du gedenkest mein!

Tod und Teufel; Rache mir

Warte das gedenk ich dir!

[32] ROSEL.

Er verschmäht, das freuet mich!

Hahaha! wie lache ich!

WIRTH.

Ich verschmäht, das ärgert mich!

Ha vor Wuth zerberste ich!


Beyde ab.


Quelle:
Bäuerle, Adolf: Doctor Faust's Mantel. Ein Zauberspiel mit Gesang in zwey Acten. Wien 1819, S. 30-33.
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