Neunte Szene

[9] Müller. Vorige.


MÜLLER. Nun, Mama, was hab ich zu erwarten? Herr Redlich ist mir begegnet, aber er war ganz mürrisch und sah mich nicht an. Sind das vielleicht schlimme Vorbedeutungen?

THERESE. Ja, vorderhand kann ich Ihnen meine Tochter nicht versprechen. Mein Mann kann es Ihnen nicht vergessen, daß Sie so sonderbar gesinnt sind.

MÜLLER. Sonderbar gesinnt? Daß ich nicht wüßte! Ich bin gewiß ein guter Mensch, aber ich schreie nicht so laut; ich übe meine Pflichten im stillen und freue mich im verborgenen.

THERESE. Nun, das mögen Sie halten, wie Sie wollen, darein[9] mische ich mich nicht. Wenn's auf mich allein ankäme, so sollten Sie meine Tochter augenblicklich haben.

MÜLLER. Ich verdiene sie auch, ich bin in meinen schönsten Jahren; und an Freuden soll es Ihnen und meiner Frau nicht fehlen. Sie werden Equipage haben, kostbare Kleider, Schmuck! – Mutter und Tochter sind Herren meiner Kasse.

THERESE. Oh, Sie Goldmensch! Drum lassen Sie nur mich machen. Sie sollen mein Katherl doch bekommen.

MÜLLER. Da kommt sie eben selbst; wie reizend sie aussieht!


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 9-10.
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