Sechste Szene

[23] Therese. Vorige.


THERESE. Warum haben Sie denn so geschrien?

STABERL. Der Grobian! Der Tiroler! Da schaun Sie her, wie er mich gedruckt hat. Meine Hand ist blau.

THERESE. Warum haben Sie sich mit ihm abgegeben?

STABERL. Wollt ich denn? Ich wär gern schon lange fort, da fängt er mit mir zu diskurieren an und druckt mich in die Hand, daß ich gar nicht gehen kann.

THERESE. O ja, grob ist er, darum kann ihn auch mein Mann so gut leiden; doch machen Sie sich nichts draus, es ist nur auswendig.

STABERL. Sie haben gut reden, meine Finger schauen aus, als wenn sie in der Serviettenpresse gewesen wären.

THERESE. Ein Mannsbild muß nicht so wehleidig sein und am wenigsten ein Junggeselle.

STABERL lacht. Ja, wenn ich nur was davon hätte! Jetzt setzt mich meine Junggesellenschaft schon bald in Verlegenheit; wissen Sie keine, die mit meinen Schwachheiten Nachsicht hätte?

THERESE. Vorderhand nicht – aber ich werde mich umsehen.

STABERL. Ja, ich bitte, lassen Sie mich rekommandiert sein.

Therese. Aber apropos, was ich sagen will! Wollen Sie mir wohl einen Gefallen erweisen?

STABERL. Warum denn nicht, wenn ich nur was davon hätte!

THERESE. Darauf soll es mir auch nicht ankommen! Ich will einen Balsam auf Ihre zerquetschten Finger legen – eine Maß guten Wein können Sie abholen.

STABERL. Was befehlen Sie denn?

THERESE. Sie werden bemerkt haben, welche Grobheiten dem scharmanten Herrn Müller widerfahren sind.[23]

STABERL. Ich weiß alles, der Schliffel von einem Tiroler hat ihn zur Tür hinausgeworfen.

THERESE. Leider! Und an diesem schlechten Betragen ist mein Mann schuld, daher möchte ich mich gern bei ihm entschuldigen. Ich werde ihm ein kleines Briefchen schreiben, wollen Sie ihm das zustecken, Staberl? Aber heimlich, daß's nur niemand bemerkt!

STABERL. Das will ich, und zwar auf eine sehr feine Art. Ich muß ihm grad sein Parapluie zurückbringen – er hat den Stiel abgebrochen, nun ist's aber wieder gemacht –, da hab ich eine gute Ausrede.

THERESE. Gut, ich gehe, den Brief zu schreiben; warten Sie indessen hier –

STABERL. Warten kann ich nicht, denn ich muß in meine Uniform kriechen, aber ich komme wieder her.

THERESE. Gut, so eilen Sie; dann erhalten Sie gleich Ihr Douceur –

STABERL. Die Maß Wein? Das ist scharmant. Hören Sie, das ist meine schwache Seite, der Wein ist mein guter Freund, und wenn's Wein regnete, so wär ich noch einmal so gern ein Parapluiemacher; aber ich machte die Parapluies alle umgekehrt, damit kein Tropfen auf die Seiten ginge. Er geht. A revoir, ich bin gleich wieder da. Ab.

THERESE allein. So kann es gehen; ich darf nicht verzagen – der heutige Tag soll zu meinem Vergnügen enden, und Weiberlist soll alle Hindernisse besiegen. Sie geht in ihr Zimmer.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 23-24.
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