7.

[93] Droben ist Tee, droben ist Ball,

Gesellschaft, Spiel und Tanz.

Ei, über die schmucken Männlein all',

Über den Lichterglanz!


Hier unten, wo die Kutschen stehn,

Harr' ich auch einen Augenblick;

Will nach den hellen Fenstern sehn

Und lauschen auf die Musik.


Nur dann und wann ein grober Klang

Vom Brummbaß trifft mein Ohr,

An den Gardinen ellenlang

Tauchen Schatten empor.


Drehen sich, bücken sich, schneuzen sich,

Flistern und trippeln, Paar für Paar,

Nippen am Gläschen jüngferlich,

Gähnen und wühlen sich wild im Haar.


Das ist mir auch ein rares Pläsier,

Ganz nach meinem Geschmack;

Nein, da lob' ich mein Solo mir,

Mein Bier und meinen Tabak.


Trät' ich in diesem Rockelor

So plötzlich in den Saal hinein,

In der Hand Laterne, Spieß und Rohr,

Unter die Schatten mitten drein,


Weiße Flocken auf meinem Hut,

Den Bart voll Reif und Frost,

Die braune Wange in frischer Glut,

Die Glieder steif vom Ost:


Sie hielten es für 'nen Mummenschanz,

Mich für ein Gespenst der Nacht,

Und ich wette, der jungen Fante Tanz

Zerstöbe, fürsichtig-sacht.
[94]

Es ist in der Welt nach meinem Sinn

Ein närrischer Schabernack ...

Ob ich gerad' so ein Mensch wohl bin,

Wie das feine, vornehme Pack?

Quelle:
Franz von Dingelstedt: Lieder eines kosmopolitischen Nachtwächters, Tübingen 1978, S. 93-95.
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