1. In alta solitudine

[203] »Poesie ist das Einzige, was uns das Leben erträglich macht.«

(J.J. Honegger.)


Milder Genius,

Aus dunkeln Wolken herniederlächelnd,

Dein Name ist Poesie!

Und auf den Saum deines Strahlenkleides

Fallen meine Thränen

Als später Rettungsdank.


Herzenbezauberin!

Du hast mich errettet

Aus jeder Finsternis,

Denn mein Irren und Bangen

War nur Sehnsucht nach dir,

Der lange Verkannten;

Glorreich leuchtest du

Ueber dem irdischen Jammer,

Tröstest Fürsten und Bettler,

Und auf die letzten Pfade[203]

Des nun Ruhiggewordenen

Gießest du deinen vollen Glanz.


Tochter des ewigen Lichtes!

Reuige Menschen erlösend

Aus finstern Wahnes Banden,

Als himmlische Trösterin,

Als versöhnender Heiland


Bist auch mir du erstanden.


(Ostern 1879.)


Quelle:
Ludwig Ferdinand Schmid: Dranmor’s Gesammelte Dichtungen, Frauenfeld 41900, S. 203-204.
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