1.

[208] Freundin! bewahre deinen leichten Sinn;

Was kümmern dich der Liebessehnsucht Leiden?

Nur ich sei der Gequälte von uns Beiden,

Und dein betrognes Herz sei mein Gewinn,


Was du dem armen Schwärmer dargebracht

Mit deines holden Leibes wilder Lohe,

Ist jetzt der Dichterpreis, der einzig hohe,

Der neue Lebenslust in mir entfacht.


Das stete Ringen, das mißgönnte Ziel,

Das Tändeln mit den gleißnerischen Musen,

Auf immer sei es nun an deinem Busen

Verfehmt, als nichtiges Gedankenspiel.


Entfliehen will ich enger Sitte Joch,

Verleugnen all die lyrischen Ergüsse

Für deine Trostesworte, deine Küsse –

O Freundin! Nur dies eine bleibt mir noch.

Quelle:
Ludwig Ferdinand Schmid: Dranmor’s Gesammelte Dichtungen, Frauenfeld 41900, S. 208.
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