LVII.

Ein Kranker, der von einem Wechselfieber durch ein Glas voll Urin, den er getrunken hatte, genasse.

[121] Es haben öfters einige Kranke die widrigsten Dinge mit gutem Erfolg eingenommen; so hat zum Exempel der Urin mehrmals die schweresten Krankheiten curiret. Ehe noch die Fieberrinde zur Vertreibung der Wechselfieber aufkame, sagt ein gewisser Arzt, ließ sich einer meiner Anverwandten, der an dem viertägigen Fieber krank lag, und dem ich schon unterschiedliche Mittel verordnet hatte, ohne daß er einige Hülfe erlangte, in Sinn kommen, bey dem Anfang des Anfalls ein Glaß[121] voll Urin zu nehmem, welches ein starkes Erbrechen und Stuhlgang bey ihm erregte, und ihn gesund machte. Wenn der Urin diesem Kranken nur durch die Abführung geholfen hat, so ist diese Beobachtung von keiner besondern Erheblichkeit, hat er aber diese Wirkung vermög einer in sich führenden Eigenschaft wider das Fieber verursachet, so kann man nicht laugnen, daß die Wirkungen der Mittel, nachdem sie in diese oder jene Theile gehen, von sehr verschiedener Art sind: Denn warum vertrieb dieser Urin das Fieber von der Blase aus, wo er sich so lang als in dem Magen aufhielte, nicht eben so leicht?

Quelle:
[Dumonchaux, Pierre-Joseph-Antoine] : Medicinische Anecdoten. 1. Theil, Frankfurt und Leipzig 1767 [Nachdruck München o. J.], S. 121-122.
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