LXXIV.

Von Zauberern.

[161] Die Geschichte des Zauberers Caßini ist eine bekannte Sache, und man kann solche denen nicht genugsam zu ihrer Erinnerung anempfehlen, welchen die behutsame Bemühung, die Menschen zu richten, aufgetragen ist. Sie hat gelehret und erwiesen, daß die vermeintlichen Zauberer wahrhaftige Betrüger gewesen waren. Man kennet die Pflanze, die sie gebrauchten, um sich diesen unruhigen und verstellten Schlaf zu verschaffen, in welchem ihre ganze Zauberey bestunde. Dieses ist der Stechapfel: (Stramonium) dieses Gewächs verursachet einen mit einem tiefen Schlaf verknüpften Wahnwitz. Die Wurzel und der Saame desselben besitzen diese Eigenschaft in einem hohen Grad. Die Blätter wirken nicht so stark. Garidel redet von einigen Wirkungen dieser Pflanze, die bekannt zu werden verdienen. »Ich habe, sagt er, von dem verstorbenen Apothecker Herrn Johann Baptista Rimbaud erfahren, daß sein Grosvater nebst dem Herrn Broglia einem sehr geschickten Arzt,[161] durch richterlichen Befehl den Auftrag erhielten, eine Untersuchung anzustellen, ob das Pulver desjenigen Korns, dessen sich eine Verbrecherin bedienet, und einigen jungen Mädchen davon zu trinken gegeben hatte, diese Wirkung erregen könnte, welche es, wie man glaubte, bey diesen Mädchen verursachet hatte, die dadurch von Sinnen und Verstand kamen, und alsdann wenn sie sich in einem so hohen Grad des Wahnwitzes befanden, daß sie ganz ausser sich waren, der viehischen Lust gewisser Hurenhengste übergeben wurden, welche dieses schändliche Weibsbild zu ihnen hinein geführet hatte: welches durch den Bericht dieser Herren bestätiget wurde, die, so bald sie sahen, daß es der Saame eines Stechapfels war, so gleich den Ausspruch thaten, daß er dergleichen üble Wirkungen verursache.« Dieses Weibsbild wurde auf Befehl des Hofes (das Parlement zu Aix in Provence) zum Tod verurtheilet.


Garet und Costa versichern uns, daß sich die Huren und Diebe dessen oft bedienen, um diejenigen, die in ihre Hände fallen, plündern und ausziehen zu können.


Es erreget dieser Saame auch bey gewissen Personen eine Raserey, wie solches jenem Scharfrichter und seiner Frau geschehen, deren ebenfals in[162] dem Garidel erwähnet wird; einige Böswichter, die er zu sich in Verwahrung genommen hatte, mischten ihm etwas von diesem Saamen unter das Fleisch; der selige Herr Martelli, Apothecker in dieser Stadt (zu Aix) hat mich versichert, daß er den Scharfrichter und seine Frau, mit in Stücken zerissenen Hemden auf dem Kirchhof des H. Erlösers habe tanzen und herum springen sehen.

Quelle:
[Dumonchaux, Pierre-Joseph-Antoine] : Medicinische Anecdoten. 1. Theil, Frankfurt und Leipzig 1767 [Nachdruck München o. J.], S. 161-163.
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