4.

[100] Dein Name klingt so süß und weich,

Ist ganz und gar Dir selber gleich,

Du blasse, zarte Lilie.

Ich will ihn nicht entweihen,

Nicht an die andern reihen

Aus alter, trüber Zeit,


Wo Sinnengier und Leidenschaft

Mit trotzig ungestümer Kraft

In meinem Herzen wühlte;[100]

Wo ich verträumt die Tage

Und abends beim Gelage

Der tollste Zecher war.


Mit Deiner Liebe milder Kraft

Hast Du den Bann der Leidenschaft

Zerschmettert und gebrochen.

Ein tiefes, keusches Lieben

Ist alles, was geblieben,

Und das gilt Dir allein.


Quelle:
Felix Dörmann: Neurotica, München und Leipzig 1914, S. 100-101.
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