Rath nach der that.

Sapere post factum.

[64] Nach der hochzeit erkennt mann des weibs boßheyt.

Wann eine zur bübin wirt / erferts jr man am aller letzsten. Die zeit gibt bescheydt / vnd verrath aile boßheyt. Vor der hochzeit ist eitel vnd grosse lieb / da seind sie zu beden theylen eitel engel. Das roß ist schön vor dem mann / der denckt nicht dann wie ers reiten / sprengen / vnd zu seinem lust nützen wöl / so er aber druff kompt / vnnd mit sporn ansticht / erfinden sich täglich newe tück vnnd wandel / das ist vntrew / das geht nicht zum vortheyl / das ist stetig /das schlegt vnnd beißt. Gerad also geht es mit weib vnd man / ehe sie hochzeit haben / da steht sie wie ein Engel Gotts / kan nit drei zelen / vnnd erscheinen eitel tugent / Da fellt dann der man blindtlich über den vortheyl.

Deßgleichen weyß sie auch nicht wie Ergerath / sie mag leicht zehen fehl an jm finden / daß er faul / hinlässig / ein spiler / sauffer vnnd hürer ist / oder wild /frech / bolderisch / ein hadermetz / bei dem sie nimmer kein gůte stund noch tag hat. Das wirt alles erst nach der hochzeit / so das pferdt kaufft vnd im stall stehet / mit dem geding / daß ers ewig am baren füre /Gott geb wie es gerath / erkennet / vnnd keins dem andern nimmer vrlaub gebe. Des sich die Juden Matth. xix. hoch beschweren.

Da erfindt sich jamer über jamer / was für ein pfenning werdt der käuffer kaufft habe / das můß er behalten / solt er dran er worgen. Vnnd ist fürwar ein gewaget ding / das wol groß bittens / sorg / bescheydenheyt / vnnd vrtheyl[64] dörfft / vnd not wer daß einer ein Türck vnnd Physicus wer / der auß der Physonomei all tugent vnd bresten abnemen köndte. Lobet schon der nachbaur das pferdlin / so hat ers auch nit geritten / vnd weyß eben so vil drumm als der so drumb feylt /wirbt / vnd es kauffen wil / vnnd hilfft hie nicht dann fleiß vnnd bitt zu Gott / Dann ein fromm weib vnd man ist alleyn Gottes gab / vnd keiner vernunfft fundt oder werck / Prouer. xix. Also erkennen wir alle ding zu spat / nach der that. Wann der besem verkert ist /sihet mann erst warzu er gedient hat / vnd wie gůt oder böß er gewesen.

Einn heller wagt einer nit vmb einn hafen / er schlegt vor dran wie er klinge. Aber das weib sagt: Noli me tangere, sed eme cœcus.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 64-65.
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