Ein vatter kan ehe zehen kinder erneren / dann zehen kinder einen vatter.

[179] GOtt geußt in die natur ein solche gunst zu den kindern / daß die ältern die kinder lieber haben dann sich selbs / vnnd wo sie nicht kinder hetten / würden sie nit also schaffen / sorgen vnd arbeyten. Die kinder aber wann sie nun erwachsen seind / gehen mit jrer liebe vndersich / nit übersich / Daher es auch kompt /daß die kinder die ältern nit so lieb haben / als die ältern die kinder / vnd ist war / Ein vatter kan ehe zehen kinder erneren / dann zehen kinder einen vatter. Der vatter thůt es mit willen / vnd helt den kindern allen vnfůg mit willen zu gůt. Die kinder aber thůn der keines / wöllen der ältern schwacheyt vnnd kindtheyt nit tragen / oder für gůt haben / wiewol jhnen jhre torheyt vnd kindtheyt von jnen freundtlich erzogen vnnd gehalten ist worden / Vnnd eben darumm daß es nit geschicht / gebeut Gott den kindern / den ältern darff ers nicht gebieten / sie thůn es sonst on gebott. Ehre vatter vnd můtter / thů jnen was sie dir gethon haben. Da du ein kindt warest / sorgten sie für dich / vnd nerten dich / trůgen deinen gestanck vnd vnlust / darumb thů jnen auch also / wann sie von alter kinder werden.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 179-180.
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