All ding hat sein zeit.

Omnia fert tempus. Annus producit non ager.

[188] Zeit bringt Rosen / nit der stock. Zeit verrath vnn henckt den dieb. Das stündlin bringts. Vor der zeit kan nicht geschehen. Was zeitlich / das wol. Zeitlich vnd bald thon / hat doppel lohn. Thorheyt ist auch etwan gescheid. Zur zeit ein narr sein / ist auch ein kunst. Mann spricht / es sei auch das böß an seiner stat gůt / thorheyt / weißheyt. Derhalb ist der zeitkündig weise in alle sättel gerecht / weyß zuhalten vnd lassen. Salomon spricht Eccle. 3. Es habe all ding sein zeit vnd zil. Das ist waar / dz nit müglich ist /daß etwas mög geschehen vor seiner bestimpten zeit von Gott / Ja wann alle welt vor der zeit an eim ding zufürdern schübe / so hilffts nit / biß das stündlin kompt. Es můß alles sein zeit haben. Wie gern hettē die Juden Christum mit den zänen zerrissen / aber niemand kundte hand an jn legen / biß sein zeit vom vatter bestimpt / kame / mitler zeit gienge er frei mitten durch sie auß. Dauõ anderßwo.

Wie gern wer Israel ledig außzogen auß Egypto / es mocht aber nit sein vord bestimpten zeit / da hulffen nit alle räth vnd anschlege / wie Dauid auch nit ins reich kondt kommen / biß es Gott gefiele / Darumb steht so offt repetiert in der schrifft / Psal. 27. Esa. 30. Selig seind die auff Got warten / Vnd die hoffnung ist nicht dann ein wart der bestimpten zeit / ein tugent die auch das zůkünfftig ergreifft / vnd ietz bereyt selig ist. Roma. 8. Wie gern wer Israel durch die wüste in das gelobt land kommen in eim hui / Wie vil versůchten sie / aber es mocht vor viertzig jarn nit gesein / biß alle die zugrund giengen / die auß Egipten warē auß gezogen biß an zwen / Josue vnd Caleb /vnd allein jr sam hinein kame.

Hie můß nun die hoffnung der zeit mit gedult erwarten. Wie man nun nit vor der zeit kan fürdern /noch vor Gott inns werck dringen / Also kan man /wann das stündlin kõpt / nit hindern. Christus ersteht zu seiner zeit / wann es schon aller welt leyd were. Wann es nacht ist / so kan alle welt nicht tag machen / sie můß der zeit der Sonnen erwarten / Widerumb wann die zeit kompt / daß die Sonn auffgeht / kans alle creatur nit hindern. Darumb seind die Gottseligen ewig zu růh vnnd frid / erwarten Gottes mit gedult /gewiß daß nicht vor oder nach der zeit kan geschehen / leben / reden / etc. Was hindersich geht / bald gedencken sie: Zeit ist noch nicht da / Was verborgen bleibet / stehet nur biß auff sein zeit / dann der tag vnd die zeit wirt alle ding anntag bringen / vnd ist nit müglich daß etwas dahinden bleibe, 1. Corin. 3. Die zeit verrath[188] vnd entdeckt alle ding. Wenn die zeit kompt / so kan das laub vnd graß nit in der erden bleiben / die Sonn im finstern / wann alle welt darumb auffrhürisch were / vnnd schlügen das graß mit schlegeln hinein / wie sies auch nicht vor der zeit mögen herfür bringen / wann sie zersprüngen. Darumb haben die alten gsagt: Zeit bringt Rosen / Die jarzeit bringet frucht / nicht der acker / sonst thet ers im winter auch / Die zeit můß thůn / vnd alle ding sein zeit haben. Wann die byr zeitig ist / so fellt sie ab / Wann das stündlin kompt so gilt es / so hüt sich ein ieder. Warlich das stündlin bringts alles / wie mann spricht: Einn zeitigen dieb erlaufft ein hinckender scherg / Zeit verräth vnnd henckt den dieb. Er ist zeitig / spricht mann. Also zeitigt ietz der welt boßheyt auch zum schnitte. Widerumb / vor der zeit mag nicht geschehen / kein haar kan mann iemand krümmen / keinn Spatzen von eim baum schiessen on die zeit vnd willen Gottes / Matth. v.

Es ist auch leiblich wol gehandelt / was zeitlich gethon oder geredt ist / das ist erwünschet / hat gnad /glück vnd fürgang. Derhalb alle Oratorn zu allen händeln / glück / krieg / vnnd zu persuadiern / die fleissig achtung der zeit vnd stat so hoch von nöten haben geacht / so gar daß mancher herr zu seiner zeit vnerbitlich ist / widerumb zu einer andern zeit niemãd ongewerdt von sich laßt gehn. Daher spricht mann: Du bist wol kommen / Du hast jn an einer rechten zeit troffen. Nun aber diß ist nit der Planeten einfluß oder obseruation / sonder die bestimpte zeit vnnd stat von Gott. Wem Gott des Königs hertz (so in seiner handt stehet) neygt vnnd gnedig macht / der hats / wie man vom Mose / Samuele / vnd andern sagt / daß sie Gott ließ gnad finden vor den Königen / vnd bereyt jn also das hertz des königs. Item / er gab jhn gnad vor allem volck. Darumb ist nun Gott / des glücks vnd der zeit vatter / zu bitten vnd förchten. Die stund seiner güte ist alle zeit / wann vnser stund allweg were / daß wir sein vähig weren.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 188-189.
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