Keiner verlasse sich auff den andern.

[250] Man sagt / daß auff ein zeit zwen gesellen mit einander gewandert haben / vnd da ein Beer an sie ist kommen / ist der ein eilends auff einn baum gestigen / vnd seinn gesellen allein gelassen. Da aber diser kein hülff gewüßt hat / ist er auff die erde nider gefallen auffs angesicht / Der Beer ist vmb jn her gangen / vnd dieweil der ligende keinn athem liesse / meynet der Beer / er were todt / vnd gieng also daruon / Dann der Beer / wie man sagt / thůt keinem todten menschen nicht. Da der Beer wegk was / steigt der wider vom baum /vnd fragt seinn gesellen / was doch der Beer zů jm gesagt hett / da er jm also vmb die ohren vnd vmb den kopff gangen were. Der ander antwort: Er sagt zů mir / du werest ein schalck / ich solt mich vor dir hůten /vnnd mich nimmer mehr auff einn andern verlassen. Sůch die wörter: Wer einn steyn nit allein erheben kan / der soll jn auch selbander ligen lassen.

Item / Selbs ist der man.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 250.
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