Ein ieder tag hat sein eygen übel.

[252] Gott hat vor dem menschen geschaffen alle creaturn /auff daß der mensch vor augen sehe / wie Gott für jn sorge / vnd schaff jm allen vorradt. Auff daß nun der mensch stets vrsach habe zuschaffen vnd arbeyten /darzů er dann geschaffen ist / so laßt Got ein zeit der andern folgen / vnd ein iede zeit bringt mit sich jr übel / das ist / jr arbeyt. Im Lentzen vnn Herbst sähwet vnd pflüget man. Im Sommer schneidet man ein das gewachsen ist / vnd fürets in die scheuren. Im Winter hat man gnůg zuschaffen / daß mans verzer vnd auffesse Christen lassens alles Gott walten. Sie arbeyten nit darumb daß die arbeyt gerathen soll /sonder sie arbeyten dieweil es Got gebotten hat / es glück oder gerath wie es wölle. Kompts glück / so ists gůt / kompts nicht / so ist es aber gůt. Sie arbeyten vnnd lassen Gott sorgen. Diß ist aber ein höherer grad des glaubens / alle tag gewarten / wann vnser Herr Gott kōme / darzů wenig leut kommen. Darumb ists kein wunder / ob wenig Christen seind / dann alle welt hangt noch ann creaturen. Sie solte sein creaturloß / sorgloß / weltloß / so ists creaturuoll / sorguoll /weltuoll / vnd trawet nit weiter dann sie sihet. Weil du Gott den leib nit vertrawen kanst / das geringeste /wie wilt du jm dann die seel vertrawen / das gröste? An disem stuck ligt aber der hauptpuncten des Christlichen wesens / Gott die seel zu vertrauwen.[252]

Der Psalmist sagt: Es hilfft nicht frü auffstehen /oder spat nider gehen / Gott gibts denen ers gönnt im schlaff. Wer nun sorgt / vnd legt jm selbs vil auff /der hat zwen schaden / zwey übel. Eins das der tag bringt / das ander / das er erwelet hat. Zu dem / so wirt es doch nicht gehen wie er meynet / sonder wie Gott wil.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 252-253.
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