Wer ein jungkfraw schendet / der stirbt keins gůten todts.

[254] Es ist ein mannliche vnnd ehrliche tugent / sich mit vnzüchtiger weiber liebe nicht beflecken / denn es ist kein laster / das des menschen můt also fast schwechet / vnd zu einer bestien machet / als vnzüchtige lieb. Mann lißt in der Römer historien / wie Scipio den König Masinissam schalte / von des wegen / daß er sich mit König Siphax weib / der Sophonisba / in ein vnzüchtige lieb begeben hett / mit disen worten: Glaub mir / wir haben nicht alleyn vns zuförchten vor den gewapneten feinden /[254] sonder vil mehr vor allerhandt lüsten / die vnserer jugent heymlich nachstellen / sie zuuerfüren. Vnd wer durch seinen můt disen lüsten weret / vnnd sie vnder sich bezwinget / der hat einen grössern triumph vnd sig überkommen / denn wir ietz haben / so wir Siphacen bezwungē haben. In der Heldē bůch steht vom Wolff Dietrich / da er solt bei des Heyden tochter ligen / oder darüber sterben /spricht er:


Beschlieff ich euch Jungkfraw ehr /

Vnd maget wolgethan /

Meinen Gott erzürnet ich sehr /

Den ich zum Herren han.

Ich müste leiden quele /

Er ließ mich nit genesen.

Mein leib vnd auch mein seele /

Müsten verderbet wesen.


Nun sehen wir / wie bei vnsern lieben alten Teutschen ehr vnd tugent / vnd Gottes reyne forcht in grossen ehren gehalten gewesen ist. Wo findt mann ietz in aller welt Wolff Dieterichs gleichen / vnder den grossen Herren vom Adel? Es beweiset die erfarung /daß die frawen vnd jungfrawen schender jämerlich inn kriegen vnnd schlachten erschlagen / vnd ermordet werden. Inn kriegen helt mann es ietz für recht / solchen můtwillen zuüben / Aber Gott richtet gleichwol die solches thůn.

Ein weiblin vnd meydlin hat nichts mehr / noch keinen grössern schatz / denn die ehr. Darumb stilt der einem meydlin das edelste kleinot / das weder mit gelt / noch mit der welt gůt erstattet mag werden /welcher jr mit süssen worten den magthumb abstilt. Die Keyserlichen Recht sagen / Qui uirginem stuprauerit, aut ducat, aut doter, Wer ein Jungkfraw zur hůren macht / der sol sie zur Ehe nemen / oder ein mitgifft schencken / damit sie möcht zu einem manne kommen. Sanct Paul sagt: Hůrer / ehbrecher / füller /knabenschender / sollen nit ghen himel kommen. Herodes der die kinder tödtet / raubet seinem brůder sein weib / darumb ward er gestraffet / daß sein gantzer leib voll würm kroche / vnd můste in seim eygnen gestanck verderben. Dine / Jacobs tochter schwechung /ward also gestraffet / daß die burger zu Sichem alle darüber erwürget wurden. Lucretien der Römer notzog machte / daß von der zeit an kein könig zu Rhom sein můste.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 254-255.
Lizenz:
Kategorien: