Wer sein eygen näst verunreinigt / der ligt vnsanfft / vnd ist nit ehren werdt.

[255] Vnehr haben vnsere Vorfarn also hoch geflohen / daß sie auch lieber haben sterben wöllen / Daher die sprichwörter kommen seind / Es ist besser arm mit ehren / dann reich mit schanden. Es ist besser gůtloß /denn ehrenloß. Es sol ein man sein ehr vertheydingen / biß an sein end. Ein man sol ein man sein. Man sagt / daß vnder allen vögeln keiner in sein näst thů[255] dann der Widhopff / darumb er auch ein verachter vogel ist. Es ist genůg / daß vns jemand anders schendet / vnd wer sich selbs lobet / der ist ein narr / Wer sich selbs schendet / ist vnsinnig / Es ist baß zu dulden / es lobe sich einer / dann daß er sich selbs schende / Denn wer sich selbs lobt / der hett doch gern ehre.


Freidanck singt:


Sich selber niemand loben sol.

Wer wol thůt / lobt sich selber wol.

Der allzeit sich selbs lobt alleyn /

Des lob ist schwach / gering vnd kleyn /

Ein ieglich man gern lob vertreyt /

Das schelten thůt vns allen leydt.


Hiemit bedeutet Freidanck / daß der ein narr ist /welcher sich selbs lobet. Aber gleichwol ist einem ieden also zusinne / daß er sein lob lieber höret / dann daß mann jn schende / Dann das vns schendtlich anstehet / decken wir zů / wolten auch / daß alle menschen vnser schand decken oder entschuldigen hülffen. Herwiderumb was löblich vnd ehrlich von vns gethan ist / das können wir nit schelten / wolten auch / daß es allen menschen wolgefiel / Denn es ist kein mensch so demütiges sinns / der nicht lob begert. Darumb handelt der wider die natur / welcher sich selbs schendet / Thůt nit alleyn närrisch / sonder ist gar keinem menschen gleich / noch ein mensch zu nennen. Vmb lobs willen thůn alle hohe köpff jhre werck / alle starcke helden jre mannheyt. Vnd die Weisen sagen / Wenn mann ein kind kennen wöl /darauß zucht vnd ehr sol werden / sol manns dabei kennen / Wenn es lust hat zum lobe / gefelt jm wol /wenn es thůt das lobs werdt ist / erschrickt / wenn es thůt was scheltens wirdig ist.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 255-256.
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