Der ist nit arm / der wenig hat / sonder der vil begert.

[273] Wer vil begert / dem geht vil ab. Der ist reich / vnn hat gnůg / der sich benügē laßt / vnd nit mehr begert. Der nun gnůg hat / der ist je reich / auch mitten in der armůt. Sihe auff das gemüt / vnd nit auff das gůt / so wirstu finden / wer arm oder reich ist. Was ists daß ich die gantz welt hab / wie Alexāder Magnus / vnd daran nit gnůg hab / sonder nach einer andern welt tracht? Wie kan nun der reich sein / der in seinem gemüt nit gnůg hat? er ist je arm. Widerumb / wie kan der arm sein / Gott geb wie wenig er habe / der gnůg hat / vnnd so satt ist in seinem gemüt / daß er nit mehr begert? Warlich der ist reicher / dann der groß Alexander / Ja Alexander ist arm / vnnd Diogenes gegen jm ist reich. Die welt sihet aber alleyn die eusserlich laruen an / Wer vil hat / der ist vor jr reich /Gott geb wie sein gemüt daran vernüget sei. Der jmmerzů nach gelt greifft vnd schnapt / wie ein hungeriger wolff / der hat ie nit gnůg / wie kan dann der reich sein / der nit gnůg hat? Der mit der armůt zufriden ist / der hat mitten in der armůt gnůg / vnd ist jm sein armůt durch Gottes segen ein grosse reichthumm. Der mit seinem gůt nit gesättigt vnd gnůg hat / noch mit jm selbs zufriden ist / der leidet mitten im gůt /wie Tantalus mitten im wasser / durst / armůt / vnnd ist jm sein reichthumb vnd gůt ein grosse armůt. Kere nun die augen ein / vnnd sihe es inwendig im geyst an / so wirstu mehr reicher bettler[273] sehen / dann armer leut / vnnd mehr reicher finden / so nit vil haben /dann die hauß vnnd hof / kisten / kasten / vnnd keller voll haben.

Was hilfft es aber / daß es alles voll ist / vnd das geitzig gemüt lehr / wann das hertz inn seinem sinn nichts hat / vnnd sich arm vnnd dürfftig achtet? Den geschicht eben wie einem Mülesel / der den gantzen tag korn zu der Mül tregt / vnnd jmmerzů wider von sich gibt / nicht neußt oder braucht / das mann jhm gebotten vnnd auffgeladen / der můß zuletzst bei habenden dingen ein armer bettler / die sprewer fressen /vnnd am hungertůch nähen. Also die reichen / die alles was jn darbotten / hinder sich legen / so wirt nur jhr kast vnnd kisten reich vnnd gefüllet / nicht sie /oder jhr hungerig bettel gemüt / Dann was wir hindersich zurūck legen / verlieren / vnnd nicht brauchen /ist eben so wol nit vnser / als das wir noch nit haben /vnnd darnach wir schnappen vnnd greiffen / Sonder das ist alleyn vnser / das wir in Gott zur not brauchen / das ist genůg / und niemand kan mehr haben noch reicher sein / dient jhm auch nit / dann das er zur not braucht. Wann schon das gantz Meer mein wer / vnn mich herr hieß / vnn eitel Reynfal were / so ist doch nicht mehr mein / kan mir auch nit mehr dienen vnn nütz sein / dann das in mich gehört / so vil ich zur not trincken mag / Wil ichs geitzig alleyn brauchen / vnn als wolt ichs alleyn außsauffen / mehr in mich schütten / dann not / so dient es mir nimmer / vnd ist ietz nicht mehr mein / sonder wider mich / vnn mein gifft /Es wirfft mich der wein auff die erde / oder stoßt mir den hals ab / vnd gibt mir den lohn / daß ich jn mißbraucht hab.

Es gehet hie wunderbarlich zů / daß mann nicht wissen kan / wer arm oder reich / sonder Gott helt hie auch / wie allenthalb / das widerspil mit der welt /daß die vor der welt reich / vor jm vnnd den seinen im gemůt / geyst vnd warheyt / rechte bettler seind /Vnnd die die welt für bettler hat / als die lieben Aposteln / vnd Christus selbs / die seind vor jm die alles haben vnd besitzen / deren alles ist / verborgen in Gott / Psalm. viij. j. Corinth. j. Da ist kein mangel /sonder diß ist alles warhafftig vor Gott / es erscheint alleyn nicht vor der welt. Es ist aber alles sein vnnd der seinen / vnnd die welt hats doch vnder den händen / vnnd spricht / es sei jhr / das laßt Gott geschehen vnnd laßt den narren den wohn / schein vnnd sprewer der reichthumb / aber den kern / nutz / vnnd frucht derselben / darumb mann den reichthumb so ängstigklich sůcht / nemlich gůt leben / freud / frid / sicherheyt / vernügung / herrschafft des gemüts / vnnd ein reich frölich hertz / das findet mann alleyn bei den Gottreichen / die etwa eusserlich den namen / schein / vnnd hülse der reichthumb nit haben.

Vnd geht hie verborgen zů / daß die nichts haben vor der welt / etwa die rechten reichē vor[274] Gott sind /die alles haben / vnd deren alles ist / wie an Christo vnn den Aposteln / ij. Cor. vj. scheinet. Dargegen die alles haben gesehen werden / etwa die rechten armen bettler vnd Tantali vor Gott seind / die nicht haben das jn diene oder zu gůtem komme / das sie herr heyß / befride / frölich vnd reich in jrem gemüt vnd gewissen mache / auch im fleisch keinn frid haben / vnd deren in summa nicht ist. Dann es ist beschlossen /weil sie Gott nit haben / der aller creatur seel / krafft vnnd wesen ist / daß sie ausser Gott nicht sollen haben / dann ein lehr stro / einn wohn / einn seellosen schein / weil sie das wesen aller ding nicht haben. Also ist ein ieder der in Gott nit reich ist / Luc. xij. vnnd die reichthumm liebt / nemlich / daß er die frucht nit daruon empfahet / vnd der reichthumm nutzung nit einnimpt / spricht Salomon. Dann wie kan der etwas haben / der Gott / das wesen aller ding / nit hat? Wie kan dem etwas dienen / zu nutz vnnd gůtem kommen / der Gott nit dienet oder kennet? Solt die creatur eim menschen dienē / der Got zuwider ist so müste die creatur / so gehorsam sein wort thůt / vnnd seinen willen außricht / Psal. cxlviij Sap. xvj. hie Gott vngehorsam / mit seinem feind stehen / vnnd nit auff Gottes seiten / sonder bei dem Gottlosen / vnd jm wider Gott / dienen / vnnd nützen / wie rheimpt sich das? Es ist vil mehr also war / Mit dem Got ist / mit dem sind all creaturn / vnd heyssen den in Gott jren herrn / dienen jm / vnd bucken sich vor jm / dann er braucht sie in Gott zu Gottes preiß vnd ehr. Wider den aber Gott ist / wider den seind in jm all creaturn /daß da keins seinen dienst beweist / sonder das gelt sol jhn nur ärmer machen / der wein mehr durst / vnd dem letzen vnd verkerten alles letz vnnd verkert sein. Er kan sich so seltzam nicht stellen / Gott vnd alle creatur wirt sich gegen jm wol so letz stellen / vnnd sich den Gottlosen nit bochen oder herrschen lassen. Es heyßt / Den reynen sol all ding reyn sein / vnd denen die Gott lieben / alle ding dienen / vnnd zu gůtem kommen / Rom. viij. Wie den natürlichen narren gelt nit nützt / also allen Gottlosen / deren figur die natürlichen gecken sind / die Salomon allenthalb /darumb daß sie auff das sichtbar bawen / vnd sich an die creatur für Gott wöllen hencken / narren nennet /das wil nun die fromm creatur nit leiden / Gott dise ehr nit zucken / derhalb helt sies für narren / herrscht /plaget vnd martert sie / vnd speiet sie auß / wil die narrn nit haben / vnnd sie in Gott / auß dem sie geflossen / treiben / darumb thůt jhn kein creatur keinn zug.

Wann nun ein Gottloser sich sehen wil / so stell er einn natürlichen narren für die augen / conterfey ihn eben ab / oder den Esopischen hund mit dem stuck fleysch vnd schatten / Den Tantalum bei den Poeten in der hell / so sihet er sein selbs lebendige bildtniß. Dann wie der narr nit weyß was er hat / was er thůt /vnn ein[275] arm man were / wer ein zoll am Rhein sein /so ist kein bettler der sein armůt vmb sein reichthumb gebe. Also thůnd gerad dise gottlose narren vor Got. Köndte es nur die welt auch sehen / so würde der gottlosen arme reichthūb iedermā anspeiē / das creutz darfür machē / vnn sich der narrn erbarmē / die da meynē / sie habē milch im napff / so scheint jn nur d'Mon drein.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 273-276.
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