Gib daß du morgen auch zugeben habest.

[338] Gib nit daß andere im sauß leben / vnd S. Martin loben / du vnser Frawen fastest. Summa gib / als du woltest daß mann dir gebe. Nun wölt kein fromm vernünfftig man / ja er schämet sich in seim hertzen das zubegeren / daß ein ander sich mit jhm entblösset /verderbet / vnd also geb / daß er selbs der geber bettlen müßt / sonder hats für einn grossen dienst / wann er jhm mittheyle inn nöten / das der geber nit brauchet / noch zur not bedarff / sonder sein überschuß mit jm theyle / Also thů jhm du auch Christus spricht: Gebt almůsen von dem das überig ist / so ist euch das jr braucht alles reyn. Die lieb zert aber spärlich / vnd ist heußlich / daß sie überig hab / das sihet man an vatter vnd můtter wol / wie sie gnaw zeren / damit etwas an jre kind reyche. Also ist die lieb gegen iederman / wie ein vatter gegen seinem kind. Aber die welt hat nimmer icht überig / hat einer ein jar tausent gülden vffzuheben / so legt er jm so vil dar / vnn hat so vil caball / pracht vnd hofgesinds / daß er etwa darbei schuldig worden / Die habē auch nicht übrig / ob sie aber darumb[338] darumm entschuldigt sind / dz sie zugebē nichts übrigs habē / werden sie ein mal wol finden. Die welt aber hat nimmer übrigs / ja selbs nimmer gnůg / damit bleibt sie das jre zubehalten allweg entschuldigt. Es würde ehe einer ein jar hundert gülden on / nur daß er nicht überig hett.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 338-339.
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