XLIII. Brief

[80] Theurer! – Schreiben kann ich beinahe nicht, aber für Dich und mich zittern! – Um Gotteswillen beruhige Dich; kann Dich meine Liebe nicht sanft machen? – O dann helfe mir Gott! – Du sagtest einmal, Stolz müße nicht über Liebe siegen; aus Barmherzigkeit beruhige Dich! – – Kannst Du die unbedeutenden Sticheleien eines elenden Kerls nicht vergeßen? – Kannst Du einen Schark nicht verachten lernen, der keiner Vertheidigung[80] werth ist? – Kannst Du Deiner Hizze nicht Gewalt anthun, wenn sie sich gegen einen Unwürdigen empört? – Dein edler Stolz, Dein Ehrengefühl machen Dich verehrungswürdig, aber aus Liebe, um Folgen auszuweichen, um Dein Weib nicht unglüklich zu machen, verschwende dieses schöne Ehrengefühl nicht an den Nichtswürdigen. – – Sey Philosoph, sey denkender Mann, sey Gatte, sey Freund und erbarme Dich meiner Angst!! –

Komm so geschwind, als möglich zu mir, sonst tödtet mich Kummer und Ungewißheit! – O sey milde gegen Deine – –

Nina.

Quelle:
Marianne Ehrmann: Nina’s Briefe an ihren Geliebten, [o. O. ] 1788, S. 80-81.
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