1.

[225] In süßen Spielen unter nun gegangen

Sind Liebchens Augen, und sie atmet linde,

Stillauschend sitz ich bei dem holden Kinde,

Die Locken streichelnd ihr von Stirn und Wangen.[225]


Ach! Lust und Mond und Sterne sind vergangen,

Am Fenster mahnen schon die Morgenwinde:

Daß ich vom Nacken leis die Arme winde,

Die noch im Schlummer lieblich mich umfangen.


O öffne nicht der Augen süße Strahle!

Nur einen Kuß noch – und zum letzten Male

Geh ich von dir durchs stille Schloß hernieder.


Streng greift der eis'ge Morgen an die Glieder,

Wie ist die Welt so klar und kalt und helle –

Tiefschauernd tret ich von der lieben Schwelle.

Quelle:
Joseph von Eichendorff: Werke., Bd. 1, München 1970 ff., S. 225-226.
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