Das XXXIIII. Capitel.
Die Red welche Grandgusiers Gesanter zum König Bittergroll that, das er ihm friden raht.

[314] Hoehers unnd kümerlichers hertzenleid mag einem auff Erden nicht zustahn, als so er von dannen, daher er allen guten willen solt gewertig sein, hingegen allerley widerwillen, undanckbarkeit unnd feindschafft muß erfaren. Deßhalben dann ihrer viel, die ein solcher unfall übereilt gehabt, und in dise klammer geraten, nicht ohn ursach (wiewol wider vernunffbescheiden Recht) denselbigen so hertzlich zu mut gezogen, daß ihnen ihr lieb Leben darob Bitter und schmäh worden, und dasselbige weniger als den unbill erträglich und leidlich geschetzet: also, daß da sie den plötzlichen ruckwend und spott des glücks weder durch sanffsame noch gewaltsame mittel zuverbesseren gewußt noch vermocht, dahin sinnverrucklich sind verfüret worden unnd verfallen, das ihnen die gantze Welt unnd alle Menschliche beywonung dermassen abscheulich ist erleidet, daß sie derwegen auß verzweiffelung solchen ihnen widerfahren unfall widerumb abzubringen, sich selber dises Liechts entsetzt und zur ewigen Todenfinsternuß eigner hand haben gefördert. Ist derwegen nicht zuverwunderen, wa auch nun zumal der Großmächtig König Großgurglier mein gnädigster Herr ab deinem wütigen und feindlichem einfall etwas grosses mißfallens unnd beschwernuß trägt. Ja vil mehr stünd es zuverwundern, wann S. Mt: sich den manigfaltiggeübten überfall und mutwill von dir unnd den deinen an ihm und den seinen angewendt unnd geübt, nicht zu treuen hertzen fürete. Dann über diß, das seiner Kön: Würde dero liebe Unterthane sehr ängstlich, wie eim Vatter seine Kinder angelegen, so thut es dero insonderheit weh, solch schmach und tratz von dir und deim Volck zuerfaren, mit welchem doch S. Mt: unnd dero Vorreltern von alten ohnhinderdencklichen zeiten her inn fester Nachbar licher Erbverbündnuß allweg ist gestanden. Dieselbige auch biß hieher also unverbrüchlich Heilig und steiff beiderseits gehalten worden, daß es nicht allein bey seiner Mt: sondern auch den Barbarischen oder Ferrfarenden Nationen jhenseit[315] der Zucker Insel Canarien unnd Isabelle ein solch ansehen gehabt, daß vil leichter das Firmament zuzerrütten, unnd der abgrund über die Wolcken auffzurichten, als euer beider Mayestat bund zutrennen sein geschinen: auch dise Länder denselbigen also gescheuet, daß sie auß forcht eines und des andern, gegen keim theyl, oder deren Bundverwanten niemals etwas feindlichs haben unterstehen dörffen: sonder noch wol zuzeiten inn die Gemeinschafft der einigung auffgenommen zu werden angelanget. Ja sich gutwillig ihrer ein ansehlich theyl zinßbar gemacht: der ein mit Dänischen Pferden, der ander mit Frisischen Ochssenhäuten, der dritt mit Specerei, der viert mit Frantzosenholtz, der fünfft mit Papegeifedern: der sechst mit Thüringischen Sauhäuten: der sibend mit Bambergischen weissen Pferden, der acht auff Eßlingisch und Leberauisch mit eim Wagen mit Flachs, unnd ein Sester voll Haller: der neunt mit eim Englischen Docken: Dann sie ihrem keim den hon thun wolten, wie Keiser Henrich der Vogler, den Hunischen Ungarn, daß sie ihnen schäbige gemutzte unnd gestutzte Hund solten für Tribut aufferlegt haben. Was für unsinn treibt dich dann nun, so liederlich alle freundschafft außzutilgen, alle Bündnuß zutrennen, alles recht zu undertretten, und unverursacht oder ungereitzt die Nachbarschafft verherglich und arglich anzufechten und zubetrüben. Wa ist treu und glauben? Ist diß recht und billichkeit? Heißt dz Menschlich und vernünfftig bei einander gewonet? Förcht man also Gott? Meinst Göttliche allgemeine gerechtigkeit, welche allen unbill sihet und richtet, werd dich allein übersehen? Nemm dirs nur nicht inn sinn: Gedenck an mich, diser hochmut wird dir noch zur demütigung gereichen, wie gemeinlich allen Königreichen, die sich ihrer Macht überhebt, geschehen? Dann die auff der höchsten Spitze stehen, die stehen nicht satt, es wird ihnen nichts meher, dann daß sie wie im Spil der faulen brucken, einmal die händ zusammen schlagen unnd jauchtzen, unnd alsdan wider herab springen, ritschen unnd bürtzeln: ja wann sie sich nit recht vortheilhafftig inn die Wag stellen, darff sie die spitze des gewalts durchtringen unnd umbringen. Die auff der höhe des Baums hangen, stehen gefehrlicher als die so die Mitte, da der Baum am stercksten ist umbfangen. Derwegen[316] hast du den gipffel des Thurns erlangt, so gedenck nit über den knopff, sonst wirdest keinen bestand noch hafftung antreffen. Wiewol etwan einer sagt, wer am höchsten schweb, der zerstoß kein kopff, so sagt doch einer hinwider, ob wol nit den Kopff, doch dermassen die Knie, das der Kopff hernach bürtzelt. Aber, wa es jhe also Gott verhenglich vorbestimmet, zumal deiner Wolfahrt unnd Rhu entsetzt zuwerden, ist es mir leid, daß es sich eben inn betrübung meins Gnädigsten Herrn Königs, durch den du eingesetzt und allzeit bestandhafftiget gewesen, schicken: und der fall deines Hauses durch disen, der es gezieret, befördert werden soll: Leyd ist es mir, das daß undergestützte Hauß sich wider seine eigene Stützen und Pfeiler, von denen es seine Auffenthalt hat, setzet unnd strebet. Sintemal es gantz und gar wider alle vernunfft streitet, unnd von keim Sinnbegabten Menschen kan gebilichet werden: Sondern von allen Einheimischen und Fremden, zu denen dise ungeschicht außbricht, wol für ein Exempel und muster menschlicher unbestendigkeit, mag auffgenommen, unnd zur Warnung auff einigerlei Menschengeschäfft und kräfft, wie hoch es auch versichert, und beeidheiliget ist, nicht zu trauen noch zubauen, dienlich behalten werden. Wa dir unnd deim Reich einiger gewalt von uns begegnet, wa wir deinen Feinden etwas gonstes oder vorschubes beweisen, nicht allen unraht gewendet, inn deinen nöten nicht beyständig, deiner Würden und Ehren verletzlich gewesen weren: Oder, es näher zubegreiffen, uns vileicht ein hinderruck verlügender Geist und vergifft schandmaul, durch dückische verblendung und arge geschraubte Lugenwort bey dir vertragen hette, stunde es doch inn alle weg deiner hohen Würden wol an, zuvor desselbigen einen grund zuerforschen, unnd alsdann uns dessen zuerinnern: so solt es unsers theils bescheidener billichkeit halben nicht also glimpffvergeßlich fehlen, das wir uns nicht entweders der beschuldigten aufflagen entlediget, oder darumb ehrengemäsen abtrag gethan hetten: Aber, ach du ewiger Gott im Himel, was kanst du andere, dises deines frevels und unthat, ursachen anziehen oder fürwenden? als eben den gewalthätigen mutwill, und gelüstige begewaltigung, damit du uns nun augenscheinlich auß hochmut und vermessener rachgir, eigenes[317] mutwillens meyneidig, Räuberisch unnd Tyrannisch anwendest. Daurt dich nit dein liebes Völcklin, welchs du inn die Brü führest: Es daurt doch etwann den von Hagenbach nicht so sehr sein kopff, welchen er durchs Schwerdt verlieren mußte, als das gut Volck, welchs Ertzhertzog Carl sein Herr, ihnen zurechen, wirde verwagen. Kein wunder wers daß dich, umb verhütung zukönfftiges Jamers, ein Donnerstral dritthalb Centner schwer, inmassen einer zu Enßheim inn der Kirchen hengt, inn die Hell hinab schlüge, gleich wie die Auffrührer Dathan und Abiron. Jedoch was wirstu mit deiner unweiß gewinnen? Zwar nichts anders, als alle Wüterich, die Gott unnd Ehren vergessen an eigner Herschafft unbenügig, andere unbefügt anfallen. Dan hastu jhe unsern Gnädigsten Herrn also unverstendig und unbehutsam erfaren, daß er also gereitzt nit wolt, oder also machtloß an volck, gelt, Raht und Kriegserfarenheit gespürt, das er nit köndt und solt deim unköniglichem trotzigen einfall widerstehen? Derwegen hab dir dz entlichem bescheid, zihe von stundan on ferrner betrübung von dannen, dz du zum aller lengsten des morgigen tags in deins Lands Grentzen und Boden legerst unnd stallest: und zal für den abzug und abtrag tausent Besanten oder siben tonnen golts: dz halb uff morgen zuerlegen, das überig auff nächstkünfftigen ersten Mey: Unnd dessen zuverbürgung, schaff uns zu Geiseln die Hertzogen von Tournemole, von Treibmül, von Wentdenhaspel, von Baßdefesses, von Schnaubdibillen, von Menual: auch dem Dom de Nalga, und Waivoda von Polrzitki: sambt dem Vicegraven von Morpiaille, Herr zu Schüpeneck, und dem Printzen von Grateln, sampt dem Jungherrn Goschenberger von Waffeleck.

Quelle:
Johann Fischart: Geschichtklitterung (Gargantua). Düsseldorf 1963, S. 314-318.
Lizenz:
Kategorien: