Das Fůnff und fůnfftzigst Capitel.
Wie die Abtey der Willigmutigen Thelemiten zu Rhuwart, gebauet und begabt ward.

[406] Zu auffrichtung des neuen Klosters S. Willigmuta, liß Gurgellantua zahlen für kosten 2700000 Hundert treisig, und ein guldin Flüßkuchen: Unnd jedes Jar, biß es außgebauet[406] werd, schafft er auff Legdare sechtzehen hundert neun unnd sechtzig tausent Sonnenkronen, unnd auch so vil mit dem Sternen und dem halbenmon, donec totum impleat orbem, und knapkuchen. Zu ihrer stäten unterhaltung stifftet er zu ewiger zeit unablößlich auff grund unnd boden als eigen, drey unnd zwentzig hundert, neun unnd sechtzig tausent fünff hundert viertzehen Rosennobel, alle Jar vor des Klosters Thor ohn allen unkosten abzulegen unnd zulifern: darüber dann gute Stifftprieff auffzulegen.

Der bau ward auff Exagonisch sechseckig, und auff jedes eck ein grosser runder Thurn gehauen, wie die zu Nürnberg einen bei der Burg haben, im begriff gleichscheidbar von sechtzig schritten. Der Loirfluß, oder die Liger lieff gegen mittnacht daran, zu äusserst am selbigen war der Thürn einer gebauet, genandt Artica, hoch wie die Wart zu Ulm und Rotenburg: gegen Orient war ein anderer geheissen Calae, oder Gutlufft: der drite Anatole oder Auffgang: der vierdt Mesembrina, der Mittler wie der Berlinthurn zu Augspurg, der fünfft Hesperia, wie der Luginsland, der letst Criera oder Schreckdenfeind. Zwischen jedem Thurn waren drey hundert 12 schritt weite: jeder Thurn von sechs gebinen und gewelben, die Keller mit begriff. Das zweit war gewelbt wie ein handhab an eim Algäuischen körblin: Zu oberst war er rundbehauptet wie der Thurn zu Franckfort, grad wie ein Cardinalshut, unnd Liechtstockfuß: Einer war im absatz rot gedeckt wie die Reutlingische Tächer, einer mit Schifer wie zu Worms, einer mit Plei, wie das KirchenChor, einer mit Kupffer, wie des Fuggars Hauß: aber alle Tächer endweder mit aller hand farbgeprenten Zigeln versetzet mit dem namen IHS. oder der Jarzahl, oder öl gemalt, unnd vergult von selsamen fantastischen Thieren und Grillen: auch biß auff den boden mit gehäuß unnd gesims gemalt: Unnd fürnemlich an eim der Mönch Milchzan, so groß er war, mit einer Kreutzstangen, wie der hörnin Seifrid am neuen Thurn zu Worms gegen dem Rein zu. Diß gebäu war Tausentmal köstlicher als Bonivent, Fulden, S. Gallen, Lützel, Kemten oder Weisenburg: dann es war auch nach dem Kalender gebauet wie ElsaßZabern, unnd nach dem einmal eins wie die Kirchen zu Cölln: Und nach der Leiren wie Lucern, unnd[407] nach dem Griechischen Ω oder Scheubenhut, wie die ersten Häuser. Und nach dem hirtzhorn wie die Statt Brundus. Unnd nach eim Macedonischen filtzmantel wie Alexandria: unnd nach eim Macedonischen Reutrock wie die Demetrisch Welt: und nach dem hertzen wie die Mappemundisch krämerisch Welt: und nach dem Bärenstall, wie Bern: unnd nach eim Δ wie Alkair, unnd nach dem Ay wie Ulm, unnd nach einer Tartschen wie neu Maltha. Dann es hat 9 tausent 3 hundert, 32 Kammern, ein jede mit eim Hinderkämmerlin, Stüblin und Cappellelin, darauß man inn ein grossen Saal gieng: auch an statt der Stegen allenthalben Schnecken, deren staffeln ein theil von Porphir, andere von Numidischen, etliche von marmolstein waren, zwey und zwentzig schuhlang: die dicke dreyer finger, unnd zwischen jedem außgang, deren zwölff waren, ein sitz: dabei schöne altmanirliche Bögen, dadurch der tag schien: Durch die Schnecken kam man allzeit erstlich in ein Saal, und auß dem Saal in die Kammern. Vom Artigthurn biß zum Schreckdengast war inn die läng die groß herrlich Liberei von Hebraischen, Griechischen, Latinischen, Teutschen, Frantzösischen, Sclavonischen, Krabatischen, Toscanischen, und Spanischen Büchern, geschriben und getruckt: nit wie des Königs Eumenis zwey hundert tausent Bücher zu Pergamo (daher das erst Pergamen kam) inn Geiß oder Schäfin Leder, sonder bretter überzogen mit Sauleder gebunden. Warn ihm auch mehr dann siben hundert tausent des Kö: Philadelphi: mehr dann der Strada in der Vorred in Julium Cæsareum von Mönchen und Wien gedenckt, unnd der Fugkar Büchermarckt, darmit der gut Wolffius zu Augspurg sein Himmelsfreud hat: unnd der Medices zu Florentz, darauß die Juristen ihren rechten Leib bekommen. O wie herlich, daß solche reiche Herrn als Fugkar und Medices, nicht allein stattlich Buch halten, sonder auch herrliche Bücher auff halten, auch die Gelehrten wol vergelten: Ihr geschlecht wird desto länger inn ehren plühen, je mehr sie die Musas an sich ziehen: Neben die Bücherpultschäfft unnd Kästen waren die Contrafacturen gelehrter Leut, die Astrolabia, Globi, Weltkugeln, Mappen, Landtaffeln, auch die Anbildnussen der Stiffter, unnd die darzu etwas gegabt, angehefft, stattlicher als des Jovii und der Rantzau Museum oder[408] die Ungarisch, Sambucisch, unnd Baierisch Biblioteck: Die sprachen und materien diser bücher warn auch fein zusamen geordnet: unnd zu eingang hielt der abcontrafeit Bibliothecarius Ptolomæus inn eim langen Zedel an der wand folgende Verß geschriben.


Gott grüß euch Liebe Bücher mein,

Ihr seit noch ungverseehrt,

Dann ich schon euer wol und fein,

Daß ich nit werd zu Glehrt.

Dann wer vil kan, der muß vil thun,

Und wer vil thut, nimbt ab.

Deßhalb ich euch die Rhu wol günn,

Daß mein lang wart das Grab.

Ihr seit noch ungbeschmutzt und schon:

Weil ich nit über euch

Gleich nach dem essen pfleg zugehn,

Mit Händen, so Schmutzweich.

Ihr daurt mich, solt ich euch vil netzen

Mit fingern ins Maul gsteckt,

Dann diß hieß euer Ehr verletzen,

Wann man mit Rotz euch bfleckt.

Ich will nicht, wie Erasmus that

Seinem Terentz unfüglich

Euch so trivirn und martern matt

Daß ich kauff neunmal jeglichs.

Dann solchs ist gleich als wann ein Aff

Vor Lieb sein Kind erstickt:

O Aeffelein, wie ein süsse straff

Dich knickt, was mich erquickt.

Also was schads euch Büchern auch,

Wann man vor grosser Lieb

Euch schon was abnutzt in dem prauch,

Die Salb roch, da mans rieb:

Dann hierein kompt kein Zeigerzitter,

Und kein Donatverkrätzer,

Die auß Neid die Buchstaben splittern,

Unds Namenbüchlein ketzern.

Ach disen ist ein Pult ihr Knie:[409]

Ihr ligt auff hohen Pulten:

Darumb besuchen euch nicht hie

Die ein Tolle verschulden:

Sondern die, so auff andere weiß

Euch hoch mißprauchen künnen,

Und darumb durch ihr aberweiß

Schärffer Product verdienen.

Aber was kan das Kalb darfür,

Daß ein Hur ist die Ku,

Jedoch scheu ich mir darfür schier,

Und laß euch drumb mehr Rhu.

Ihr liegt hie underm staub wie Gold,

Ihr werd noch wol erhaben:

Dann darumb ist man dem Gold so hold

Weil man es muß außgraben:

Ihr secht, was etwann man nicht acht,

Das wird jetzt fürgekratzt,

Was alt ist, wird jetz neu gemacht,

Der ältst ist der best Schatz.

Gott grüß euch dort, im Winckel dort,

Den Author sampt seim Buch,

Verziecht mir, daß ich an dem ort

So selten euch besuch:

Ich weiß wol, daß kein Wolff euch frißt,

Noch kein Ungelehrter stielt,

Sonst ich ein Hirten halten müßt

Der euch inn Huten hielt:

O wer zu Kriegs und Frideszeit

So sicher alles gut

Bei ehren bliben sehr vil Leut,

Vergossen wird kein Blut.

Es wolt dann der Kriegsman on scheu

Villeicht seim Feind zu trutz

Machen auß euch ein Eselstrai,

Weldis ihm doch wer kein nutz.

O ihr Scribenten wol erkant,

Die ihr durch euer Schrifft

Berhümt macht euer Vatterland,

Und ewig Ehr euch stifft:[410]

Ihr seit die Seuln von Ertz und Erd,

Drein vor der Sündflut man

Grub die Kunst, die man het gelehrt,

Auff daß sie stäts bestahn.

Drumb noch die Händ verfaulen nit

Die euch offt han abgschriben,

Und uns Nachkommnen gdient darmit

Daß ihr uns noch seit blieben.

Gelobet sey der löblich Fund

Der Edeln Truckerey,

Der euch uns noch erhalt zur stund:

Gelobet sey die treu

Der beid Erfinder, Gutenbergck.

Und Schäfers, sampt sein gsiepten,

Die Gmeinem Nutz zu gut solch Werck

Zu Straßburg, Mentz erst übten.

Der ein bracht uns vil Berg mit Gut,

Ja Bergwerck guter Künst,

Der Schäfer auß eim Jasons mut

Brachts Gulden Vlüß erwünscht,

Der weißt das Gulden Schaaffell recht,

Die Woll, so recht ist gulden.

O daß er ewig sey verschmecht

Der die Kunst nit mag dulden,

Und welchen guter Bücher Schrifft

Ein Haberacker ist,

Und halten gute Kunst für Gifft:

Ihr Narn verfaul wie Mist.

Hett Welschland disen Fund ergründ,

Seins rhümens wer kein end,

Nun hats euch Teutschen Gott gegünt

Deßhalb ihn wol anwendt:

Gott hat euch durch diß Mittel gwisen

Ein weg zu allen Künsten,

So brauch dasselb vor andern gflissen

Zusein drinn nicht die minsten.

Die Truckerey han gut Authoren

Ein recht ansehen gschafft:

Und ihr Authorn wern längst verloren,[411]

Thet nicht des Truckens krafft:

So lang nun euer eines wert

So lang wärt beider Rhum,

Derhalb ihr beid einander ehrt

Daß keines nicht abkum.

Euer Scribenten guter Nam

Bleibt bei Namhaften gnaden

Besser als mancher Edler Stamm

Welcher verwelckt on thaten,

Oder des Reichen Cuntzen Nam:

Dann euer tode Schrifften

Jagen den Leuten ein mehr scham

Als Lebend Reden stifften.

Ja auch die Lebendigen müssen

Noch reden auß euch Stummen,

Und wann sie darauff sich nicht füssen,

So trampt ihr Red Welsch Trummen.

Ihr strafft die Fürsten, den sonst wenig

Einreden dörffen frey:

Ja vor euch haben Keyser, König,

Zuthun was unrechts scheu.

Dann nach dem sie verhalten sich,

Nach dem beschreibt man sie:

Noch dannoch find man sonderlich

Daß euch doch je und je

Monarchen han inn ihren Zügen

Mittgführt zulesen euch:

Ja ihr, als das Liebst müßten Liegen

Ihn underm Pfulwen gleich:

Man mußt dem Fürsten Pico auch

Das Essen zum Buch bringen:

Und nicht das Buch zum gfräß und Bauch,

Man wolt dann villeicht singen.

Wie solt es dann nicht Fürstlich sein

Solchem ein Hauß zubauen:

O möcht ich tausent Jar Fürst sein

Ihr solt vil solch Stifft schauen:

Vil solcher Zeughäuser der Weißheit.

Und Mercurius hülen[412]

Da man die recht Oracula heischet

Von Büchern hie auff gstülen.

Dann kan ichs schon nit machen nach,

Ergetz ich mich doch dran:

Weiß ich schon nicht ein jede sach,

Daselbst ichs suchen kan:

Oder erinner mich alsbald

Wann andre darvon sagen,

Alsdann es dannoch mir gefallt

Wann ichs laß vor den tagen.

Durch Bücher Mittel kan man wissen

Was Gottes Willen heißt,

Wie man ihm dien mit gutem Gwissen,

Woher die Welt entspreußt,

Wie lang sie haben werd bestand,

Was sie von anfang ghandelt,

Wie auff und abging jedes Land,

Darnach sich d Welt noch wandelt.

Allhie man mit den ältsten redt,

Hie find man Rhat zur that:

Hie lehrt man, wie man recht vertrett

Jeden beruff und staat.

Hie kan man von Theologis

Gleich zun Juristen gehn,

Von disen zu den Physicis,

Bald zur History stehn:

Und allda mit ungwehrter Hand

Mit Römern führen Krieg,

Bald in der Tafel an der Wand

Sehen wahin man züg,

Oder wo man neu Insuln gründt,

Wie Poli Höh sich schickt.

Ja jeder guter Geist hie find

Was ihn freut und erquickt.

Darumb ihr Mühsam Musæ mein

Wehrt nie den Milben, Schaben:

Dann diß die ärgsten Feind hie sein

So dise Kunst hie haben.

Secht wie dort der Lombardus ligt[413]

Zernagt, verfretzt, zerbissen:

O wie manchs Herrlich Buch mich mügt

Daß darumb ward zerrissen:

Vor Ketzerfeur sie auch behüt

Wie Cæsar sein Maronem,

Kein Alexandrisch brunst hie wüt:

O Vulcan wölst hie schonen.

Verwart sie auch vor Pappenschmieren,

Den starck Papyr nur gfallt,

Auch vor den Pergamenhandthierern,

Die böß achten das alt.

Sih da, ich hör ein Würmlein hie

Klopffen in diesem Brett,

O daß man es herfürher zieh,

Und es zermaln, zertrett.

Herfür herfür du schelmisch Thierlein,

Ghörst nicht inn disen Tempel

Verkriech dich du unnützes Würmlein

Sonst inn ein alt gerümpel.

Du ghörst ins Geßners Thierbuch nit,

Daß dich flickst inn sein Bretter,

Du hast sein Bibliotec zerrütt

Mit ätzung viler Bletter,

Drumb sey verbant der für und für

Von Musis, der dich setzt

Ins Thierbuch under ander Thier,

Weil du es hast verletzt,

Seh da, hie hab dir diesen streich,

Dein loß Blut ist nit werd

Daß es solch Heylgen Altar weih:

Darumb lieg hie zur Erd,

Nun freut euch Musæ, der Feind ligt,

Der euer Freund stäts frett,

Hie hengt sein Haut, die nit vil wiegt,

Eudi zu Lieb, ihm zum gspött,

Damit forthin geschmeiß seins gleichen

Ab diser Haut stäts scheu,

Gleich wie Wölff ab der Wolffshaut weichen

Und keins sich näher bei.[414]


Bei dem heimlichen Gemach zu underst waren alle ungeschickte Tölpel, Momi, kunstneider, gelehrtenhasser, nichtskönnige Thoren mit langen Oren Contrafeit, wie die Augspurgische Narren am Pranger, unnd die Nörnbergische Feind am Pronnen, wie der Attila undern Bildern Jovii. In der mitte war ein wunderlicher Schneckensteg, dessen eingang war zu äusserst des Haußes durch ein Bogen sechsmal sechs Schuh preit: der war so weit, das sechs Landsknecht mit Reißspiessen auff dem nacken nebeneinander biß zu oberst des Haußes zihen mochten, wie auff den Thurn zu Bononien reuten, unnd auff den zu Alckair fahren. Vom Thurn Anatole biß gehn Mesembrin waren schöne Gallerien unnd umbgäng, welche auff beiden selten mit schönen Historien, emblematis, einplümungen, Devisen, Medeien, Zeychen, Thaten und geschichten auff gut Michelangelisch, Holbeinisch, Stimmerisch, Albrechtdurerisch, Luxmalerisch, Bockspergerisch, JoßAmmisch, bemalet war, wie der Königin Hauß zu Londen: Daß es eim ein Lust zudencken, geschweig zusehen gibt. In der mitte war noch eben auch ein solcher eingang, wie der dem Wasser zu: Über derselbigen Pforten war mit altfränckischen buchstaben geschriben folgendes inhalts.


Hierein komm kein Heuchler, Windhals, unnd NollBruder,

Kein Bruder Rollus von Bruchfartzius,

Kein Lollhaf, Weidsack, Holprot, Teuffelsfuter,

Bei leib kein Schafsgro Katzenwollen Luder,

Kein Balckgeplännter Splitterartzius,

Kein Wachtelpfeiffstirn und Arsfeigwartzius,

Kein Maulstorck, leftzenplapper, Gzeitenschlapper,

Imwolf, Hundib, luftschnapper, und meßknapper

Korallenzeler Paternosterqueler,

Gschwolln Bettlertreck, Plähbäuch, Kuttensäck

Kein Predigläufer Widertäuffer.

Kein bepantoffelt schnudler, Kuttelnsudler,

Kein Grängribler und großbeinknochenschlucker,

Der Ablas grosse Ballenbinderhudler,

Der Gbettlin kleine Wellenbinderstrudler,

O laßt mir drauß all disen Judaszucker:

Zihet anders wohin ihr Gottsraubschmucker,[415]

Ihr werd mir sonst mit euer unwarer War

Mein Pare ware war vergifften gar:

O scheimen war Zum Teuffel far

Gesell dich par Zu gleicher war:

Du solst diß Jar Hierein nicht zwar.

O weit von hinnen weit ihr verdinst verhändler:

O ihr Zeichner Syllanischer Blutregister:

Ihr verdampte verdammer und Blutvermäntler:

Ihr Lotterisch Volaterranisch Worthändler:

Ihr Paxsüsse, Pacemküssige Paxpriester:

Ihr Liebverdüster, ihr Kirch und Schulverwüster:

Ihr Formendängier, ihr form mul from, nit im hertzen,

Ihr Luxmundige ArßLaternenkertzen:

Ihr Wannenwäher, Ihr Wetterhäher:

O Hetzenschwetzer, Aufhetzer, Fürstenretscher:

Fridensprecher, Blutrecher.

Herein komm auch kein listfuchs, heuchler, schmeichler

Kein Fischrogenfresser, Hartzhaubziehisch Amptleut.

Kein zungverkäufer, wortgrempler, kautzenstreichler

Kein taschenhirnsam Ratsherrn und gerichtsmeuchler

Kein blut und gutsauger, die verdampt leut,

Kein prachtschab, schmärschnarcher, die unverschamt leut

Welche die leut wie hund am strick füren:

Aber ihr plaudrer werd uns nicht verfüren,

Dann euer lon Wird am Galgen stohn,

Dahin geht schreien, Zungenpleien,

Hie ist kein exceß Zu euerm proceß.

Herein komm auch kein karger wuchergeier

Kein Quittendantzer, Leckars, sparer, scharrer,

Kein Beuteltrescher, Kornkäfer, Weinentweiher,

Kein Handschrifftkratzer und Euclionsmeier,

Elenkürtzer, meßschürtzer, außschlagsparer,

Goldprüe, bucklig geltmauser, müntzplarrer,

Die auch selbs ihren treck gern wolten sparen,

Das haar vom schwantz verkauffen mit der taren.

O schleckverkauffer, Treckerkauffer,

Pleib drauß du schnauffer, Landaußlauffer,

Man kaufft kein Haar Hierin diß Jar,

Herein komm auch kein eiferiger Frauengauch,[416]

Die fremds naschen und ihr eygnes andern lassen,

Die auß dem Hauß beißt der Xantippe rauch,

Und nemmen fürs Weibs bauch ein vollen Bauch,

Auß mit euch befrantzosten, befranßten nasen

Ihr gschipet Fisch, die die haut hinden lassen.

Dann hierin ist nichts als der tugendsam

Darumb komm nichts es sey dann thugendsam,

Höflich und Düchtig,

Nicht gröblich, undüchtig:

Glehrt, zuchtbescheiden,

Nicht glärt, zuchtgescheiden

Frau Tugentscham, Nicht der tugend scham.

So trettet herein beide Mann und Frauen,

Hierin solt ihr nichts als Zucht und ehr schauen,

Dann darumb ist die Rhuwart auffgebauen,

Alles zuhandelen on scheu und grauen,

Keyner ist gezwungen den es hat gerauen,

Gott geb euch hiemit glück auff gutes trauen,

Und euch viel Gulden Ablas erlauben:

Dann da vil steht zuklauben, da ist glauben,

Or donne par don, Ordonne pardon,

Seckellösen Mag sünden lösen

Sündenloß Macht Seckellos,

Seckelloß Ist Sündenlos,

Wolan so löset Daß ihr löset,

So wird man lösen Von guten und bösen

Und Ablaß lesen, biß ihrs ablösen, abplosen, und ablesen und genesen: O thut Thor unnd Rigel für, wann die Bullengnad kompt für die Thür.

Quelle:
Johann Fischart: Geschichtklitterung (Gargantua). Düsseldorf 1963, S. 406-417.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Strindberg, August Johan

Gespenstersonate

Gespenstersonate

Kammerspiel in drei Akten. Der Student Arkenholz und der Greis Hummel nehmen an den Gespenstersoirees eines Oberst teil und werden Zeuge und Protagonist brisanter Enthüllungen. Strindberg setzt die verzerrten Traumdimensionen seiner Figuren in steten Konflikt mit szenisch realen Bildern. Fließende Übergänge vom alltäglich Trivialem in absurde Traumebenen entlarven Fiktionen des bürgerlich-aristokratischen Milieus.

40 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon