[807] Das Bett der Königin ist schön mit Blumen gestickt. Eben so schöne und noch schönere Blumenstickerei sieht man auf dem Thron im Drawing-room.
Die alten Zimmer enthalten allerlei Gemälde von wenig Werth. Die zwei neuen Zimmer sind sehr geschmacklos bunt. Wests Gemälde bleiben weit unter meiner Erwartung. Nur zwei sind groß: die Schlachten von Crecy und Poitiers; beide stellen den Zeitpunkt nach geendigter Schlacht vor. Sie haben hölzerne Pferde, und überhaupt eine gewisse Steifigkeit, einen gänzlichen Mangel an Haltung. Die Stiftung des Ordens ist auch ein großes Gemälde. Es sind einige schöne Weiber in dem Gefolge der Königin; allein das Ganze sieht aus, als hätte der Künstler, um die Costümen der Zeit anzubringen, eine Menge Manequins gemalt. –
Die übrigen Stücke sind klein. Die Schlacht bei Nevils-croß finde ich schlecht erzählt. Das Pferd der Königin bäumt sich so, daß sie wahrscheinlich, anstatt so kerzengrade zu sitzen, herunter gefallen wäre. Und ein Pferd ist es – daß Gott erbarme! Hinter der Königin sieht man den Bischof zu Pferde im Harnisch. Es giebt keine heterogenere Figur in der moralischen so wohl als in der physischen Welt.
Die St. Georgs-Kapelle ist sehr schön. Prächtige Fascikel von Gothischen Pfeilern schießen auf in einer langen unabsehlichen Reihe, und breiten oben ihre Arme umher, dem schönen[807] Gewölbe zur Stütze. Alles ist neu aufgeputzt; die ganze Kapelle neu gepflastert; auch die Orgel neu. – West hat sich am Altar übertroffen. Es ist unstreitig das Schönste, was er je malte. Sein Christus hat Leben, Geist und Ausdruck; großer Adel, hoher Schwung, kühner Enthusiasmus und erhabene Ruhe liegen in diesem Kopfe. Johannes ist ein vollkommen glücklicher Schwärmer, in der Demuth und Hingebung; Judas ein Meisterstück von Größe und Kraft, bei seiner Bosheit: schön gedacht; edel mußte er seyn, wenn gleich nicht rein. – Die übrigen interessiren weniger.
Darüber, nach Wests Zeichnung, das Fenster von Jarvis gemalt, die Auferstehung: ein weit größeres Werk, was die Dimensionen betrifft; nur nicht so einfach in Gedanken und Größe des Dichters, als jenes, – doch immer mit vieler Besonnenheit gemalt. Man sieht, daß diese Gegenstände fähiger sind, diesen Künstler zu begeistern, als profane Geschichte. Seine Liebe für den König, sein vertrauter Umgang mit ihm, seine eigene Neigung vielleicht – und was sonst alles konnte zusammen wirken, um ihn für diese Scenen zu begeistern, und seinen Vorstellungen ungewöhnliche Energie zu verleihen! In der Flämischen Schule sucht man umsonst nach dem Edeln dieses Altarblattes. Es schadet ihm indeß, wenn man in eben jenen Zimmern, die ich vorhin erwähnte, die hohe Einfalt von Raphaels Cartons bewundert hat. Ich mag diese Bilder nicht; sie sind in Absicht des Gegenstandes zum Theil widrig, wie der Tod des Ananias, wo Petrus wirklich etwas vom Giftmischer hat, und der andere mit dem Finger drohende Apostel etwas vom gemeinen Pfaffen, – weil allerdings die Sache ziemlich pfäffisch ist – ferner die Heilung der Blinden und Lahmen im Tempel, von deren ekelhaften Gestalten ich noch jedesmal, so oft ich diese Cartons (nun zum drittenmal, und im Kupfer noch öfter) betrachte, den Kopf abwenden mußte. – Ich sage: ich mag sie nicht; allein ich bewundere sie wegen einer Kraft, die kein anderer Künstler erreicht. Paulus, dem die Griechen in Klein-Asien opfern, ist aber auch ein schönes Bild; und Paulus, der den Athenern vom unbekannten Gotte predigt, ist eine göttliche Figur. – Der Fischzug gehört zu den minder edlen. –[808]
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