Dritte Szene.

[7] VOLK noch unsichtbar, in langgezogenen, gequälten Lauten.

Oh – oh – oh –

HIRAM.

Sie nahen!


Ferner Donner.


Grollt mir der Himmel? Nein, er hilft!


Er breitet die Arme zum Himmel.


Jetzt tu' ein Wunder! Dann vielleicht

Beug' ich noch einmal dieses Knie!

Sende den Blitz mir, daß die Glut

Aus Molochs Flammenaugen sprühe –


Das Gewitter naht mit Macht.


So recht! – Den Blitz! – Das Wunder naht –


Ein Blitz fährt nieder und schlägt in den Moloch; sofort brechen Flammen aus ihm. Am Waldrand erscheint das Volk, mit ihm Wolf nebst einer Schar Krieger, Teut und Theoda.


HIRAM wie in Verzückung.

Heil dir, Moloch, Gott der Welten!

VOLK.

Oh – oh – oh –

WOLF.

's ist wahr, an heiliger Stätte Fremde!

HIRAM.

Oh Segen, heil'ge Gottesglut!

VOLK.

Oh – oh – oh –[7]

WOLF.

Wer bist du? Was soll's am Weihestein?

HIRAM gewaltig.

Heil dir, Moloch! Gott der Helden!

VOLK.

Oh – oh – oh –

HIRAM zum Volk.

Kniet nieder! Beugt euch seiner Glut!

WOLF.

Wir knien? Wie Knechte? Zu den Waffen!

HIRAM.

Sahst du den Blitz, in dem Gott nahte?

WOLF.

Dein Gott und du – ihr sollt vergehen!

VOLK in Lauten, die aus Furcht in Drohung übergehen.

Oh – oh – oh –

WOLF.

Folgt mir!


Er dringt mit mehreren auf Hiram ein, der sich am Moloch hoch aufrichtet.


HIRAM.

Glaubt ihr, mit mir den Gott zu töten?

Er lebt, sinkt auch sein Priester hin!

Ich selbst bring' mich ihm dar als Opfer!


Er setzt seinen Dolch auf die Brust. Da springt Teut, der bis jetzt in starrem Staunen verloren stand, hervor.
[8]


Quelle:
Max von Schillings: Der Moloch. Dichtung frei nach Fr. Hebbels »Moloch-Fragment« von Emil Gerhäuser, Berlin [1906], S. 7-9.
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