[43] Aus dem Todeshaine nahen in feierlichem Zuge Molochpriester, welche in roten Körben frisches Brot tragen. Ihnen folgt Teut, in weißem Gewande, mit Kriegern, und Hiram in reichem, golddurchwirktem Mantel.
HIRAM.
Heil euch und eurer Erntelust!
Die Freude stählt den Mut zur Tat,
Die morgen nun der Kühnsten harrt:
Aufs weite Meer trag' euch der Kiel
Und führ' euch fernen Landen zu.
Drum in den Schiffen bergt das Brot,
Auf erster Fahrt soll es euch nähren!
EIN JUNGER KRIEGER.
Und wo winkt uns das erste Ziel?
HIRAM.
Gen Westen segelt! Weiße Küsten
Seht ihr die wilde Brandung säumen –
Dann lenkt nach Süden euern Kiel.[43]
Dort lockt ein fernes Zauberland,
Smaragden gleich enttaucht's der Flut,
Blickt stumm zum blauen Himmel auf,
Der ewig lächelnd ob ihm ruht.
Die Nacht naht dort auf Purpursäumen,
In hellem Gold der junge Morgen,
Ein sanftes Rauschen, lichtes Träumen,
Im Segen ist die Not geborgen. –
TEUT unterbricht ihn begeistert.
Dorthin zu ziehn, zu fernen Sonnen,
Dem klaren Blau nur anvertraut,
Der Nacht und aller Qual entronnen,
Am Strand, wo Wonne niedertaut. –
HIRAM.
Dort brechet ein, dem Sturme gleich,
Und schauet euer künftig Reich!
Die Ferne will der Gott euch weisen
Und ihrer Wunderwelten Pracht,
Die Herrschaft ist euch dort verheißen,
Der Erdkreis beugt sich eurer Macht!
Kehrt wieder, meldet, was ihr saht,
Dann folgen wir zu neuer Tat:
Ziehn aus, das Sonnenland zu finden
Und neu dort Molochs Reich zu gründen!
TEUT in hinreißender Kraft.
Nach Süden auf!
VOLK.
Ins Sonnenland!
MOLOCHPRIESTER.
Besteigt die Schiffe!
FRAUEN.
Bleibt noch heut![44]
TEUT.
Der Morgenwind treibt uns vom Strand!
Ich führe euch!
KRIEGER.
Auf, führ uns, Teut!
Sie drängen in freudiger Unternehmungslust zu den Schiffen und bergen ihre Waffen darin.
HIRAM.
So rüstet euch zu kühner Fahrt!
Kehrt heim, die Ruhe soll euch stärken.
Am Morgen nahet, treu geschart,
Mit Teut zu ziehn zu neuen Werken!
MÄNNER.
Ins Sonnenland! Zum Zauberstrand!
Das Volk verliert sich. Die Garben werden von den Priestern in den Hain getragen. Hiram und Teut folgen ihnen.
Buchempfehlung
Inspiriert von den Kupferstichen von Jacques Callot schreibt E. T. A. Hoffmann die Geschichte des wenig talentierten Schauspielers Giglio der die seltsame Prinzessin Brambilla zu lieben glaubt.
110 Seiten, 4.40 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro