Zehntes Kapitel.

Von Kräutern und andern Gewächsen, sammt deren herrlichen Wirkung zu Erhaltung der Gesundheit und Gebrauch in allerhand Krankheiten.

[175] Alle Kraft der Arznei soll in den Kräutern, Worten und Steinen bestehen, nach dem gemeinen Sprichwort:


In Worten, Kräutern und Gestein,

Beruhen alle Kräft' allein.


Ein jedes Gewächs hat seine Farbe, seinen Geruch, Geschmack, Kraft und Wirkung zum Nutzen und Luft der Menschen.

Die mancherlei Kräuter und Gewächse dienen theils zur Speise, theils zur Belustigung, theils in der Arznei, Erhaltung und Wiederbringung der Gesundheit oder zur Verlängerung des Lebens, gestalt der allmächtige Schöpfer die Kräuter und Bäume mit so mannigfaltigen Tugenden und Wirkungen uns armen Menschen zu gut[175] begabt, daß auch kein einiges Kräutlein so schlecht oder unachtbar zu schätzen, welches nicht seine nutzbare Kraft und Tugend habe, so von Gott selbst kommt.

Wie oft tritt man ein Kraut mit Füßen, welches, wenn man dessen Kraft und Nutzen in der Arznei wüßte, würde man es eher und lieber als ein Geldstück vor den Füßen liegend aufheben. Die Kraft der Kräuter wird den Menschen auf verschiedene Weise eingepflanzt, entweder unmittelbar von Gott selbst oder durch göttliche Eingebung und Träume, ja durch den Trieb der Natur, etwa auch von unvernünftigen Thieren, wie solches absonderlich bei den Hunden zu sehen, welche, wenn sie krank werden, ihre besondere Kräutlein suchen und sich damit heilen. Die Katzen und andere vierfüßigen Thiere kuriren sich selbst mit der Valeriana oder Wohlgemuth. Die Wiesel mit der Weinrauten; die Sperber mit dem Pfeffer; die Nachtigall mit der Spinne; die Rinder mit der Odermeng; die Pferde mit der Fernugta oder Bockshorn; die Schwalben mit der Schellwurz; das rothe Wildpret mit Dycktam; die Hinden mit wildem Kümmel; die Schweine mit dem Eppich; der Storch mit dem Wohlgemuth, daß also ein jedes seine Arznei weiß, so ihm die Natur gezeigt.

Dieweil aber alle Kräuter insgemein durch die himmlischen Planeten regiert und die Zeit zu sammeln, wenn ein jedes Kraut seine besten Kräfte hat, beobachtet werden muß, so wird ein Kräutersammler auch solches wohl beobachten.[176] Das Heliotropium oder die Krebsblumen werden von der Sonne regiert, so muß man auch dieselbe zu der Zeit, wenn die Sonne in dem Zeichen des Löwen ist, da sie auch die besten Kräfte hat, brechen und einsammeln und auf den Nothfall bewahren. Der Mond regiert über die Lunariam oder Mohnkraut; der Mars über die Meerzwiebel und sofort an. Welches alles ein Simplicist nothwendig wissen soll, denn es werden alle Sachen dieser untersten Welt von dem obersten und himmlischen regiert. Von allen Dingen aber muß er eines jeden Krauts Eigenschaft wissen, als daß die Cardebenedicten, Meermaas, Wurmsame oder Meermutter, Odermeng etc. die besondere Kraft haben, die Würmer in dem Leib zu vertreiben.

Der Zeiland, Seidelbast, Soldanella, Gottesgnade, Springkraut, Attig, Holder und Nießwurz etc. zum Mund eingenommen, ein Erbrechen erregen; die Rosen, Engelsüß, Sennetblätter, Rhabarbara, Aloe, Scammonium, Turbith, Lerchenschwamm und Coloquinten den Stuhlgang befördern.

Die Salsaparill, indianisch oder Franzosenholz, Chinawurzel und dergleichen in Wasser oder Wein gesotten und die Brühe getrunken, zum Schweiß bewegen.

Das Johanneskraut, Schafgarb oder Tausendblatt, Sankt Karlskraut, braun Betonik und Viticella oder Balsam-Aepfel, die Wunden zu heilen.

Das Schwalbenkraut oder Schellwurz, Fenchel,[177] Weinrauten und dergleichen, den Augen wohl bekommen.

Die Enzian, Natterwurz und Eberwurz zu den Schmerzen des Leibs gebraucht werden, und dann die Beiment oder Balsam zu dem Magen) die Sennetblätter zu den viertägigen Fiebern, der Zeiland zu der Räute oder den Krätzen und also fortan.

Daß die Kräuter männlichen und weiblichen Geschlechts nach der ehelichen ganz ähnlichen Gemeinschaft seyen und beisammen gesetzt, eine natürliche Freundschaft mit einer stärkern Kraft an Geschmack und Geruch von sich merken lassen. Daß das männliche Geschlecht zuträglicher und kräftiger den Mannspersonen, und das weibliche vorträglicher den Weibspersonen sey und also einen Sensum oder phantasiam naturalem, Sinnenkraft haben, hat Dr. Rollfink sattsam erwiesen. Ein jedes hat sein besonderes Temperament, etliche sind hitzig, trocken, etliche feucht, andere kalten Temperaments, nachdem sie eine Receptivität von dem Einfluß und Wirkung der Planeten haben, maßen daher gewisse Kräuter und Erdgewächse saturnisch, andere jovialisch, jene martialisch, diese solarisch, andere merkurialisch, noch andere venerisch und endlich einige lunarisch sind. Wenn nun selbige Kräuter und Pflanzen bei der besten oder erhöhten Kraft ihres Planeten zur gebührenden Stund gepflanzt werden, so verspürt man auch ihre Verbesserung und Kraft desto mehr. Daher soll man nicht so bald oder so leichtlich zu den Medicis und[178] Apotheken laufen, sondern die von Gott erlernten Kräfte der Natur, der Kräuter etc. erkennen lernen, worin das rechte Mittel, alle Krankheiten zu kuriren und allerlei Wunder zu berichten, steht. Le Grand hat von dem langen Leben unserer ersten Eltern, die schier das tausendste Jahr erreicht haben, geschrieben, daß Adam eine vollkommene Wissenschaft der natürlichen Sachen von Gott empfangen. Denn er verstund der Früchte, Kräuter, Steine, des Holzes, der Thiere und Bergwerke Kräfte, wie ingleichen eine Lehr, wodurch das menschliche Leben verlängert werden könne, welches er auch seinen Nachkömmlingen geoffenbart, damit sie ihr Leben gleichfalls lang hinausbringen möchten. Diese Erkenntniß aber ist theils durch den Fall und die Sündfluth, theils durch Zertheilung der Völker untergegangen. Doch werden noch heut zu Tag bei den Weisen viele verborgene und wunderbare Naturgeheimnisse gefunden, welche die Zeit nicht verzehrt hat, über welche sich viele Menschen, wenn sie solche sehen und hören sollten, verwundern und vor übernatürliche Werke ausschreien würden.

Die Rhabarbara ist eine fast göttliche Arznei, welche von dem ganzen menschlichen Geschlecht als eine besondere, sichere und ganz unschädliche Arznei zu jeder Zeit und bei allem Alter zur Präservation und Kur billig in hohem Werth zu halten ist, wegen angeborner heimlicher Eigenschaft und sonderbaren Verwandtniß der Substanz mit derselben Feuchtigkeit. Also die Eigenschaft oder Kraft nach sich zu ziehen, geschieht[179] durch Verwandniß der Natur, darum das zwischen dem, das nicht zieht oder gereinigt, und dem, das nach sich gezogen und gereinigt wird, eine Gleichheit und angenehme Gleichförmigkeit ist. Morgens früh vor dem Essen eines Scrupels schwer im Mund gekaut und hinabgeschluckt (man kann wohl eine Zwetschgenbrüh darauf trinken), erweicht und befördert den Stuhlgang, führt den Schleim, als die Gall und verbrannte Feuchtigkeit aus, reinigt das Hirn, schärft die Sinne, stärkt den Magen und andere Glieder, erhält die Zähne vor der Fäulung, stärkt das Zahnfleisch, macht einen guten Athem, präservirt wider die Wassersucht, Gelbsucht, Podagra, allerlei Fieber und dergleichen viele beschwerliche Suchten, erledigt von der Wassersucht, ist gut vor den Schlag, dient wider alle Gebrechen des Magens und der Leber, reinigt das Geblüt, stillt das Blutauswerfen, heilt die rothe Ruhr, den inwendigen Bruch und bringt zu einem hohen Alter.

Was der Wachholder und deren aus den Beeren gemachte Wein, Muß, Saft und Oel oder Spiritus in den Pestzeiten, wider den Stein, windige Kolik, Wassersucht, Gries, Husten, Abnehmen des Leibs, Gicht, Verstopfung der weiblichen Blumen, fallenden Sucht und vielen andern Krankheiten vor herrliche Kraft und Wirkung habe, findet man in den medizinischen Büchern.

Nehmt einen Löffel voll von dem Wachholderbeergeist, 4 Grau Wachholdersalz, 3 Tropfen[180] vom wohl rectificirten Wachholderbeeröl, mischt alles zusammen, trinkt es Morgens und Abends in einem Glas voll Wein aus, so werdet ihr wider obgedachte Beschwerden ein herrliches Arzneimittel haben. Durch den beharrlichen Gebrauch dieser Beere kann man von unerträglichen Zufällen des Steins befreit werben. Wer Reißen in Lenden, Nieren oder Blasen hat, der trinke Morgens, Mittags und Abends 3 Loth Wachholderwasser. Wer seinen Urin nicht lassen kann, trinke ebensoviel. Auch treibt es, ebensoviel getrunken, die todte Frucht eines Weibs aus, wie es auch die Zeit der Frauen befördert. Wachholderbeere in Wein gesotten und davon getrunken, vertreibt den jungen Kindern den starken schweren Husten, so bisweilen auch Blut auswerfen. Zertheilt gewiß den Schleim in der Brust und befördert ein leichtes Auswerfen, verzehrt allerlei böse Feuchtigkeit im Leib. Zur Pestilenzzeit kaue die Beere im Munde wider giftige Luft.

In dem Hollunder mit seinen Beeren und daraus gemachten Saft, Latwerge oder Muß ist überall eine ungemeine köstliche Kraft verborgen. Dient vor die Blutflüsse und andere Krankheiten der Gedärme, allerlei Gebrechen des Haupts, als in der fallenden Sucht und vielen andern. Ja, daß man das Leben damit erhalten und verlängern könne, ist bekannt, daher will ich diese merkliche Historie erzählen: »Als einmal ein Fürst (man sagt es sey Kaiser Maximilian I. gewesen), auf der Jagd im Wald sich verirrt[181] und vor eines Bauern Hüttlein gekommen, fand er vor der Thür ein sehr altes Männlein weinend sitzen und als der Fürst es gefragt, warum er so weine, antwortete er: Sein Vater hätte ihn geschlagen. Der Fürst verwunderte sich hierüber, daß ein so alter Mann, der noch so viele Kräfte habe, von seinem Vater sollte geschlagen worden seyn und fragte weiter: Warum ihn sein Vater geschlagen habe? Er antwortete: Er hätte seinen Großvater von einer Bank zur andern tragen sollen und ihn unversehens fallen lassen, deßhalb er Schläge bekommen habe. Hierauf ist der Fürst vom Pferd gestiegen und in das Häuslein gegangen, um die alten Leute zu sehen, zu sprechen und um ihre Nahrung sie zu befragen, da sie ihm dann erzählt, daß ihre gewöhnliche Nahrung Brod, Milch und Käs sey, gebrauchen sich auch zu gewisser Jahreszeit des Hollundersafts und Mußes, durch dessen herrliche Wirkung sie ein solches hohes Alter erreicht hätten.«

Viele gebrauchen und essen den Knoblauch, wie die Juden im Alten Testament gethan und noch thun, vielfältig, weil er die Natur trefflich stärken und lang erhalten soll.

Pythagoras hat den Meerzwiebelessig hoch gehalten, indem er geschrieben, daß durch dessen Gebrauch das Leben verlängert werde und bis zum Ende frei von allen Krankheiten bleibe. Er bediente sich dieses Mittels selbst, als er das 50. Jahr erreicht und erreichte dadurch das 117. Jahr und zwar ganz gesund, sonder einige[182] Krankheit, über dessen hohe Tugend hat er sich verwundert und solches seinen Freunden entdeckt, damit sie sich dessen bedienen möchten. Von diesem Essig trinke des Morgens früh ein wenig, so wird der Schlund und Mund niemals einigen Schmerzen empfinden, der Magenmund wird sich wohlauf befinden, du wirst leichtlich Athem holen können, eine gute Stimme haben, die Augen werden scharfsichtig seyn. Die Ohren werden ihr Amt aufs beste verrichten, kein Bruch wird sich ereignen, keine zähe Feuchtigkeit wird ansetzen, der Athem wird wohl riechen und eine gute Farbe machen. Alle Geschäfte werden wohl von statten gehen. Nüchtern soll man den Essig gebrauchen und darauf 7 Stadia (deren jedes 125 Schritt ungefähr in sich hält) verrichten. Wer diesen Essig gebraucht, wird die Speise trefflich verdauen und hinwegtreiben, daß nichts schädliches zurückbleibt, keine Winde, nichts Gallsüchtiges, kein Unrath noch Harn, sondern er wird alles gar leichtlich durch die ordentliche Gänge von sich geben und dient zur purgirenden Arznei. Desperate Schwindsüchtige werden hiemit kurirt. Kurirt die langwierige fallende Sucht, das Zipperlein und die Gliederkrankheit und ist zur Verhärtung der Leber und Milz dienlich. Diesen Meerzwiebelessig soll man alle Wochen einmal gebrauchen. Wer bei Jahren ist, kann wegen des Magens ein wenig Zimmt. Imber und Cardemomen beifügen.

Der wilde Knoblauch, wenn er dem vordern Schaf an den Hals gehängt wird, verhütet, daß[183] kein Wolf der ganzen Heerde Schaden zufügen kann.

Die Raute Morgens nüchtern essen, befreit von der giftigen Luft.

Kein bewährteres Kräutlein ist vor die Augen als das Schwalbenkraut.

Die wilde Schwertel gekaut, macht nicht allein einen wolriechenden Athem, sondern nimmt auch allen Schmerz der Zähne gleichsam im Augenblick hinweg.

Den Samen des Krauts Groß-Sonnenwirbel 3 Gran mit weißem Wein vor dem Paroxysmo getrunken, hilft dem Menschen vom dreitägigen Fieber.

Vor das viertägige Fieber muß man 4 Gran in weißem Wein trinken.

Grün Eisenkraut (Herba Sacra genannt), in den Hundstagen gesammelt, an den Hals gehängt, vertreibt die schwere Noth und macht bei Jedermann beliebt. Aus den Blättern einen Kranz gemacht, auf das Haupt gelegt, vertreibt die Hauptschmerzen gewaltig, woher sie immer entsprungen seyn mögen.

Bibernellsaft stillt den Schmerzen und zieht das Eisen gelind aus den Wunden.

Bibernell den Hunden eingegeben, verwahrt sie vor dem Rasen und Wüthen. Wenn ein Mensch von einem wüthenden Hund gebissen ist, so gebe man demselben etliche Tage nacheinander dieses Kraut in einem Salat oder wie man kann, so soll er davon befreit werden.[184]

Rosenwurzel am Hals getragen, befreit von der fallenden Sucht.

Beifuß einem Kranken unwissend auf das Haupt gelegt. Schläft er ein, so kommt er wieder auf, im Gegentheil ist es ein Anzeichen seines Todes.

Die Gipfel vom grünen Rosmarin gekaut, macht die Zähne fest, nimmt auch die Schmerzen des Zahnfleisches hinweg.

Hanfstengel genetzt, um das Bett herum gehängt, vertreibt die Wandläuse.

Saurampfer mit Dachsfett gesotten, gerührt, auf ein Tuch geschmiert, auf Hände oder Füße gelegt, vertreibt das Chiragra und Podagra. Probatum.

Aus dem Stengel der großen Klettenwurzel einen Zahnstocher gemacht, das Zahnfleisch damit gestichelt, bis es blutet, ist ein auserwähltes Experiment wider die Schmerzen der Zähne.

Großen breiten Wegrich grob geschnitten, in einem Säcklein am Leib oder Hals getragen, bewahrt vor der Pestseuche.

Die bloße Angelika und dergleichen Wurzeln bewahren die Prediger, wenn sie zu den Kranken erfordert werden, nächst Gott und ihrem Vater Unser, vor dieser Seuche.

Oder Wermuth auf das Herz und die Arme und Pulse gebunden, den Mund mit einem Tuch und eingewickelten Wermuth verwahrt.

Wer aus der Nase oder anderswo blutet, der nehme Taschen- oder Seckelkraut (Bursa Pastoris[185] genannt), in die Hand, wo das Nasenloch blutet, wenn es warm wird, hört das Bluten auf. Ist probirt. Dessen Kraft ist hieraus zu schließen, wenn es in einer Hand erwärmt und an selbigem Arm eine Ader geöffnet wird, so lauft kein Blut aus der Ader, solange man das Kraut in der Hand hält. Oder nimm Birkenwurzel in die Hand, sobald sie erwarmt, gesteht das Blut.

Einen Knaben 12 Wochen lang an Händen und Füßen oder am ganzen Leib mit Wermuthsaft geschmiert und eingerieben, so wird ihm weder Hitz noch Frost sein Lebenlang schaden können und kann vor Grind, Aussatz, Franzosen, Läusen und dergleichen Ungelegenheit, Gott wollte dann wunderlich strafen, befreit leben. Macht auch eine saubere Haut und gerade Glieder, läßt auch keine Geschwulst überhand nehmen.

Es ist ein bekanntes Kraut, wenn man selbiges in seiner Hand zerreibt und einem Andern die Hand gibt, wird er sofort ihm auf etliche Tage mit großer Liebe zugethan seyn. Die Probe ist an einem Hund zu beweisen, wenn einer denselben bei seinem Fuß angreift, wird er ihm folgen und seinen rechten Herrn verlassen.

Der Römer und Griechen Gebrauch war, daß die Legaten Eisenkraut führten, damit sie Niemand beleidigten.

Das Eisenkraut wird wegen seiner großen Tugend, damit es von dem obersten Firmament des Himmels begabt ist, von etlichen Herba Sacra, das heilige Kraut, genannt und in den großen Hundstagen gesammelt und angehängt,[186] vertreibt die schwere Noth oder hinfallende Seuche, macht den Menschen bei Jedermann beliebt.

Einen Kranz aus seinen Blättern gemacht, einer Manns- oder Frauensperson auf das Haupt gesetzt oder vielmehr um den Hals gehängt, vertreibt die Schmerzen des Haupts, sie seyen entsprungen, woher sie immer wollen. Was mit diesem Kraut vor ein Aberglauben getrieben werde, davon gebührt uns nicht zu schreiben.

Eisenkrautwurzel an den Hals gehängt, vertreibt die Kröpfe.

Eisenkraut, wenn die Sonne in den Widder tritt, gesammelt, mit Gichtkörner vermischt, zerstoßen und mit colirtem weißen Wein getrunken, vertreibt die schwere Noth.

Wilde Baldrianwurzel ausgegraben, bevor sie Stengel bekommt, gepulvert, das Pulver in einem halben Löffel voll Wein, Wasser, Milch oder sonst bequemlichen Saft, 1 oder 2mal, nach Beschaffenheit des Alters eingenommen, befreit von der schweren Noth.

Die Raute Morgens nüchtern essen, ist eine bewährte Arznei wider den Gift.

Die große Klettenwurzel hat eine große Kraft gegen die Mutter eines Weibs, also daß zwischen beiden eine sonderbare Sympathie zu spüren, trägt man deren Blatt auf dem Haupt, so zieht es die Mutter übersich, auf den Fußsohlen aber untersich.

Halte auf den bösen Zahn ein Stücklein Tabak, der Zahnschmerz soll vergehen.

Bertramwurzel gekaut, lindert die Schmerzen[187] der Zähne. Item, Stephanskern in ein Tuch gethan und gekaut.


Ein vortreffliches Wasser wider die Krätze.

Mache von Wermuth ein Wasser und wasche die Krätze damit.


Die Gesundheit ein ganzes Jahr zu erhalten.

Man nimmt Wermuth- und Betonienzipflein, jedes 6 Loth, und gießt des besten weißen Weins darauf und trinkt von diesem Wein den ganzen Maimonat durch Morgens nüchtern ein Glas voll aus.


Vor die Gelbsucht.

Eisenkrautwasser getrunken, wird vor gewiß gehalten. Oder man trinke neun Tage nüchtern in Wein oder Wasser gesottene gute frische Wachholderbeere.


Vor den Grind auf dem Haupt.

Siede welsche Nußblätter in Wasser und netze das Haupt damit, solches vertreibt alle Unsauberkeit des Haupts. Oder zwage das Haupt mit Wasser, darin die Mittelrinde von Eichen oder Eichenlaub gesotten worden, so vergeht alle Unsauberkeit. Oder zwage dich mit Wasser, darin Wachholderbeere und Nußblätter gesotten worden.


Vor das Zahnweh und alle Flüsse.

[188] Nimm Persicarium (Flöhkraut), wächst an vielen Orten häufig und wird gerühmt, daß es ein Kurmittel wider alle Flüsse sey, vornemlich der Zähne, lege es in ein kaltes Wasser, darin es erstlich zubereitet wird, darnach lege es auf den Backen, da das Zahnweh ist, bis es hitzig wird und gleichsam verbrennt. Wenn es erwärmt wird, so lege es in Mist, laß es darin vergehen, so vergeht dir der Schmerzen aus dem Zahn und heilt.


Vor Wunden an Menschen und Vieh.

Welche Wunde an einem Menschen oder Thier mit dem edlen Saft des Mückenkrauts bestrichen wird, darauf sitzt keine Mücke oder Fliege, es werde der Sommer so hitzig als er wolle, heilt dazu die Wunden an Menschen und Vieh.


Frauenmilch befördern.

Hollunderblüth und Fenchelsamen mit Kühmilch gekocht, täglich etlichemal warmgetrunken, bisweilen etliche Tropfen Salmoniak darein gethan, vermehrt die Milch.

Jedermann ist bekannt, daß sowohl bei den Höfen, als auch bei mittlern und niedern Personen der Thee, Kaffee und Chokolade sehr gemein sey und im vollen Schwang gehe.

Dieweil ich aber im ersten Diskurs gesagt habe, daß sich ein Deutscher der ausländischen[189] Kräuter und Arzneien, die unserer deutschen Constitution nicht zuträglich, enthalten, hingegen die einheimischen von Gott gegebenen Mittel, als Ehrenpreis, Isop, Betonien, Erdrauch, Salbei etc. gebrauchen soll, deren Nutzen, Kräfte und Wirkungen ich nur etliche melden und kurz beschreiben will.


1. Ehrenpreis.

Ehrenpreis, zu Latein Veronica genannt, gleicht dem chinesischen Thee nach der äußerlichen und innern Figur, nach der Farbe, Geschmack und Geruch und hat, wo nicht bessere, jedoch gleiche Wirkung in Vertreibung der Krankheiten, so aus Schleim und Flüßen entstehen, bevorab für Podagra. Von des Ehrenpreises Natur, Kraft, Wirkung, Eigenschaft und Vortrefflichkeit lese man nur Tabernamontanis neuvermehrtes Kräuterbuch, woselbst des Ehrenpreis Wassers Weins, Extrakts und Salzes Gebrauch beschrieben ist. Allhier will ich nur melden, wie man den Ehrenpreis gleich dem Thee gebrauchen soll und was für eine große Wirkung, durch Gottes Gnad zu Lob, Ehr und Preis dieses edlen Krauts, darauf zu gewarten sey.

Man siede rein fließendes Wasser (Regenwasser halte ich für das beste) ganz heiß, wie das Theewasser. Thue es in das gewöhnliche Theegeschirr und wenn du zuvor den Ehrenpreis nicht gar zu klein zerschnitten, werfe ihn in das dazu präparirte Geschirr (wofern man solches Geschirr[190] nicht hat, muß das Kraut in eine saubere Leinwand gethan werden), lasse es ein wenig darin stehen, setze das zinnerne Geschirr auf Kohlen, schüttle es um, bis es gelb und sattsam gefärbt ist. Gieße es in ein Köpfchen und trinke eines, so warm als du es leiden kannst, nach dem andern bis 10 oder 12, alsdann wird sich das Wasser in alle Schweißlöcher ausbreiten, die verstopften Adern eröffnen, das Blut reinigen und die schädliche Säure (zumal wenn man sich in das warme Bett legt), austreiben, ist überaus gut denjenigen, welche eine versehrte Lunge haben, ob sie schon fast angegangen und etwas verfault wäre, löscht den Brand in der verhitzten Galle, stärkt die fürnehmsten Glieder, heilt die Fäule, ist vor die Brustseuche, Keuchen und schweren Athem, oder für eiterige Geschwär in der Lunge, also daß, wenn die Schwindsucht zu besorgen, dieser Trank ausbündig gut ist. Ist der Blödigkeit des Gesichts, des Gehörs und Schlags etc. sehr gut, eröffnet den Leib und wirkt durch den Harn, Stuhlgang und Schweiß. Stärkt die Memorie, schärft das Gedächtniß, ist gut wider den Schwindel, Scharbock, Podagra, Kolik, Gicht, Zipperlein, Wassersucht, Steinbeschwerung, Augenwehe, Bauchfluß, Lungensucht, Geschwüre, Schlafsucht, Bräune, Mutterbeschwerung, Seitenstechen, Würmer, Gelbsucht, Müdigkeit, Franzosen, erneuert die Kräfte und soll die unfruchtbaren Frauen fruchtbar machen, und was der Tugenden und Wirkungen mehr sind.
[191]

2. Ysop.

Der Isop soll stärker und kräftiger seyn die böse Feuchtigkeit aus dem Magen zu führen, als der Wermuth; vertreibt die Gebrechen der Brust und der Lungen, allen Husten, schweren Athem und alle Gebrechen, so von der Kälte herkommen. Nimmt das Weh im Magen und Därmen hinweg, hilft wider die Wasser- und Gelbsucht, bewegt den Harn und der Frauen Zeit, vertreibt den Frost des Fiebers und bringt dem Leib gute Hitze. Auf vorige Weise, wie das Ehrenpreis, gesotten und gebraucht. hat gleiche Kraft und Wirkung wie der Thee.


3. Betonien.

Betonien ist wegen seiner fürtrefflichen Kraft und Eigenschaft ein edles und tugendreiches Kraut im Mai gesammelt, zu vielen innerlichen und äußerlichen Gebrechen des Leibs heilsam und für allerlei Fieber innerhalb und außerhalb zu gebrauchen, wie in Tabernamontanis Kräuterbuch zu lesen. Betonien reinigt die Brust, Lunge und Leber, zerbricht den Stein in den Nieren, treibt die verstandene Zeit der Weiber, ist dem Haupt und Hirn anmuthig, gut vor das Hauptweh, den Schwindel, die fallende Sucht, ganzen und halben Schlag. Getrunken wie der Thee oder Ehrenpreiswasser, wie obgemeldet, wird in der Operation vor das Podagra dem Thee weit vorgezogen.

[192] Betonicae Fürtrefflichkeit, denen mit Feuchtigkeiten und Flüssen unterworfenen Personen dienlich, Morgens halbgedörrte Betonie Daumengroß zusammengerollt, in den Mund gethan und so lange bis zur Mahlzeit darin behalten, auch gepulverisirt in die Nase gethan. So wird das erste ein Auswerfen, das andere ein Nießen verursachen. Beide zertheilen das Phlegma oder zähen Schleim im Leib. Ist Jemand von den Flüßen gar zu sehr geplagt, der kann von einem und dem andern den Mittag um 4 Uhr bis zum Abendessen es wieder gebrauchen.


4. Erdrauch oder Taubenkropf.

Erdrauch (Fumaria), auch Taubenkropf genannt, wird von den Medicis vor ein gebenedeites edles Kraut gehalten und vor allen andern Kräutern in Franzosen oder Pocken, Aussatz, Scharbock, Krebs, Fistulen, Grind, innerlich und äußerlich zu gebrauchen heilsam und nützlich. Dieses Kraut in frischen Molken über Nacht eingebeizt und Morgens nüchtern getrunken, treibt viel übrige Galle oder cholerischer Feuchtigkeit aus dem Leib, beides durch den Harn und Stuhlgang und reinigt das Geblüt.

Taubenkropf in Gaismilch gesotten, Morgens den ganzen Mai über getrunken, reinigt das Geblüt und ist den Schwindsüchtigen sonderlich gut. Was der Erdrauch Saft, Wasser, Wein, Extrakt und Oel vor eine treffliche Wirkung habe zu allerlei Gebrechlichkeiten, beschreibt Tabernamontanus[193] nach der Länge. Man gebrauche aber dieses Kraut wie die drei vorigen anstatt des Thees, so wird man wunderbare Wirkung finden.


5. Salbei.

Salbei, Salvia, Salvatrix, naturae Conciliatrix. Denn sie erhält die Natur eines Menschen. Salvia, quia innumeros salvos et incolumes servat, daß man auch frei sagen darf, ob auch ein Mensch sterben könne, der Salbei in seinem Garten hat.

Den Salbei zerhackt auf die vorhergehende Manier, wie der Thee, gesotten und getrunken, treibt den Harn, die verstandene Zeit der Frauen und die Frucht aus dem Mutterleib, stärkt das schwache Haupt und Hirn, kräftigt die Nerven, erwärmt den Magen, verzehrt die Feuchtigkeit, bringt den verlornen Appetit wieder, vertreibt das Zittern in Händen, das Seitenstechen, den Husten, stopft den Stuhlgang, erwärmt die Leber, bringt Lust zum Essen, nimmt das Tröppelharnen hinweg.

In diesen fünf Arten anstatt des Thees kann man in den heißen Theebott etwas Zimmt oder Süßholz einwerfen, so gibts einen anmuthigen Geschmack.[194]

Quelle:
Glorez, Andreas: Des Mährischen Albertus Magnus, Andreas Glorez, Klostergeistlicher und Naturkundiger. Regensburg und Stadtamhof: 1700 [Nachdruck Freiburg am Breisgau 1979], S. 175-195.
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