Den 15 Junius 1775.

Donnerstag morgen

aufm Zürchersee.


Ohne Wein kan's uns auf Erden

Nimmer wie dreyhundert werden

Ohne Wein und ohne Weiber

Hohl der Teufel unsre Leiber


***


Wozu sind wohl Apollos Affen

Als wie zu bouts rimés geschaffen

Sie halten oft gleich einer Laus

In Clios Haar u. Pomade Schmaus.


***


Flieh Bruder G.. Flieh! Er stößt mit seinem Horn

Weich aus den B...sk, u. fürchte seinen Pinsel!

Sein Mund ist abgrundreich, Sein Witz ist wie ein Dorn

Erschaft des Lachens viel und doch noch mehr Gewinsel


***


Dem Wolf dem thu ich Esel bohren

Dadurch ist er gar bass geschoren

Da sizt er nun das arme Schaaf

Und fleht Erbarmung von dem Graf[1]


Ein edles Mädchen Herz schlägt das nicht eine Wunde?

Ein bitrer scharfer Wiz, beißt der nicht wie ein Hunde?

Böse Laune, blödes staunen macht mich jez lahm?

Wiederstand und lachen drüber aber zahm


Unterm lieben Schweizer Himmel

Ists nicht gut zu seyn ein Limmel

Doch wie bös ist nicht die Luft?

O die macht mich bald zum Schuft.


Wolt voll Euch zeigen meinen Witz

Möchts aber nehmen vor Grütz

Darum will ihm lieber setzen Damm

Ihr wißts ja so, bin ein gutes Lamm.


Herr Göthe sollt' uns Juden mahlen

und theologische Cabalen

mit der geübten Mahlers Hand

dies sey uns seines Geistes Pfand!


Ein ieder der schreibet in dieses Buch,

Mag zum Teufel schicken mit einem Fluch,

Wenn ihn einer nicht will lassen Gahn

Nach seinem Sinn und Herzens Wahn.


Ich saug an meiner Nabelschnur

Nun Nahrung aus der Welt.

Und herrlich rings ist die Natur

Die mich am Busen hält.


[2] Die Welle wieget unsern Kahn

Im Rudertackt hinauf

Und Berge Wolcken angethan

Entgegnen unserm Lauf.


Aug mein Aug was sinckst du nieder

Goldne Träume kommt ihr wieder

Weg du Traum so Gold du bist

Hier auch Lieb und Leben ist.

Auf der Welle blincken

Tausend schwebende Sterne

Liebe Nebel trincken

Rings die türmende Ferne

Morgenwind umflügelt

Die beschattete Bucht

Und im See bespiegelt

Sich die reifende Frucht


Vom Berge in die See

Vid. das Privat Archiv des Dichters

Lit. L.

Wenn ich liebe Lili dich nicht liebte

Welche Wonne gäb mir dieser Blick

Und doch wenn ich Lili dich nicht liebte

Wär was wär mein Glück.[3]


am Steeg

Waldstieg auf Wasen

Teufelstein

Felsweg geht an auf

Geschener Alp.

Teufelsbrücke

Urner Loch

Lieblich. Thal

Drachen Thal

Wüste pp schne

Capelle


Und dem entgegnenden Priester wird sich ihr Antlitz erhellen


doch mir stehen fest die hohen Gebeine so stehn sie

Nur dem saulgebeineten Engel in Pathmos erscheinung.


Wie ich dir s biete so habs


Dass es der Erde so sauwohl und so weh ist zugleich.


Es ist kein sichrer Mittel die Welt für Narrn zu

halten als sich albern zu stellen


Und die ewig verderbliche Liebe


Ein Tag wie die ewigen sich selbst erwählt zu gehn[4]


Wenn meine Gedancken Federn wären und den

Weeg ab Pergamente von Engeln auf und ab gerollt.


dass


Unmittelbaarer Ausdruck von der Natur


nie sein selbst willen


d. 16. Abends 3/4 auf 8 dem Schwizer hocken gegenüber. den ersten nahen schnee. Schnee gegenüber Awfull tiefe tannen im thal.

Nachts zehn in Schweiz. Müd und munter vom Berg ab springen voll Dursts u. lachens. Gejauchzt bis Zwölf.

d. 17. Morgens der Hocken vor dem Fenster Wolcken dran auf.

Um 1 Uhr N. M. v. Schwiz weg nach dem Rigi.

2 Uhr aufm Lauerzer See hoher herrlicher Sonnenschein für lauter Wollust sah gar nichts (Zwey Maidlen fuhren uns) Insel ehmalige Wohnung des Zwingherrn jezt ein Waldbruder / ausgestiegen Lauerz verlohrnes Halstuch gefunden Rigi bestiegen 1/2 8 bey der Mutter Gottes zum Schnee. 3 Wirthsh. 5 Cap im Closter. im Ochsen.

18. Sontags früh gezeichnet die Capelle vom Ochsen aus. um zwölf nach dem kalten Bad oder 3 schwestern[5] Brunn. dann die Höhe 1/4 3 Uhr in Wolcken und Nebel rings die Herrlichkeit der Welt.

8 Uhr wieder zurück. vor der Ochsen thüre gebackner Fisch und Eier. / das Klocken gebimmel das Wasserfalls Rauschen der Brunnröhre Plätschern Waldhorn

19. früh 1/2 7 aufwärts dann hinab an vier Waldstätter See. Auf dem See von Izenach nach Gersau zu Mittag im Wirthsh. am See. gegen zwey dem Grüdli über wo die 3 Tellen schwuren drauf an der Tellen Platte wo Tell aussprang. Drauf 3 Uhr in Flüely wo er eingeschifft ward. 4 Uhr in Aldorf wo er den Apfel abschoss.

20 1/2 7 nach dem Steeg. Fische gebachen geschmackt. gebadet im Schnee Wasser 3 Uhr fort. Berg auf. Schnee Laue. Saumross. Schneehölen. Steeg. Grose Fichten. Abgrund. 1/2 8 in Wasen. Strahlen.

21. halb 7. auswärts. allmächtig schröcklich.

Geschnen.

gezeichnet. Noth und Müh und schweis. Teufelsbrücke u. der teufel. Schwizen u. Matten u Sincken biss ans Urner Loch hinaus u belebung im Thal. an der Matte trefflicher Käss. Sauwohl u Projeckte.


ab 35 Min auf 4. Schnee nackter Fels u Moos u. Sturmwind u Wolcken das Gerausch des Wasserfalls der Saumrosse Klingeln. Öde wie im Thale des Todes – mit Gebeinen besäet Nebel See

[6] eine Stunde aus dem Liviner thal ins Urseler. Das mag das Drachen thal genannt werden – Einer der herrlichsten Wasserfälle der gantzen Gegend

D. U V. D. G. v. B. s – st. D.


Speranza – dass die Hunde ein Käss finden die hier verlohren sind.[7]


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, III. Abteilung, Bd. 1, S. 1-8.
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