Uber die / mitten in Unglück entfangene /Geistliche Ergetzlichkeit

[90] Ach der übermilde Himmel / schenkt auf Leiden Freuden ein /

senkt die Frommen wol in Noht / lässt sie aber nicht versinken.

Weil sie ringen mit der Angst / pfleget Er der Freud zuwinken.

Er verkläret ihre Trübsal / mit dem gnaden wunderschein /

schicket ganze Labungs-Ströme / für ein kleines tröpflein Pein.

ja in während-gröster Qual läst er Liebes-flammen blinken /

und das Noht-verschmähte Herz aus dem Gnaden Abgrund trinken:

Er ergetzt es und versetzt es in seim Erzerbarmung seyn.

Da verschickt es wunderlich eine Eusserkeit der andern:

aus Erz-Angst in Haupt-Vergnügung / aus der Qual in Jubel-Thron

muß es durch des Höchsten Krafft / klar doch unvermärket wandern /

daß der Geist / vor Last und Luste / seuffzet ob dem Creutz und Kron.

Wol / ja wol und überwol / dem / der fest auf Gott vertrauet!

weil er nicht allein sein Hülff / ja selbst seine selbstheit / schauet.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 90-91.
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