Uber das Ewige / nunmehro Fleisch wordene /Wort

[103] Du Weißheits Wesenheit! des Vatters Herzen-Bild!

du ausgesprochnes All und Ewig-Lebends Leben /

durch den die Werdungs-Krafft dem Weltkreiß wurd gegeben!

du führest der Geschöpff' ihr Wesen-Bild im Schild.

in dir erzeiget sich der Gnaden-Reichtum mild.

Von Ewigkeit auf dir die Heiles-Schlüsse schweben:

die Vrallwissend' auch du pflegest anzuheben /

und aus des Jägers Netz erlöst das arme Wild,

Selbständig wahres wort / geheimstes Engel-Wunder /

du unaussprechlicher doch Herzgeglaubter Gott /

du Seraphinen-Ehr / last dich so tieff herunder?

du mehrst dein' Ehr viel mehr / durch wendung unsrer Noht.

Gib mir / O Wortes-Quell / hoch-Weiße / dich zu loben.

Ja red' und sprich selbst aus / was ich nit satt erhoben!

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 103-104.
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