Gott-lobende Frülings-Lust

[230] Das schöne Blumen-Heer / geht wider um zu Feld /

um Ruch und Farben-Pracht recht in die Welt zu streiten:

des Laubes Lorbeer-sträuch bekränzen's aller seiten.

Dryaden schlagen auf die kühlen Schatten-Zelt.

Es ist mit Lieblichkeit verguldet alle Welt.

Die Freuden-Geister sich ganz in die Lufft ausbreiten.

Die Welt-regierend Krafft / will alls in Freud verleiten.

Die süsse Himmels-Füll sich etwas Erdwerts hält:

Es weist die Ewigkeit ein Fünklein ihrer Schöne /

ein Tröpflein ihres Saffts / ein Stäublein ihrer Zier.

Dis lieblich kosten macht / daß ich mich erst recht sehne /

und lechz mit dürrer Zung' / und heisser Gier nach ihr.

O Früling / Spiegel-Quell / du netzest und ergetzest /

aus Erd in Himmel-Lust die Seele schnell versetzest.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 230-231.
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