[317] 1.
Solt dem Brunnen des Gesichtes /
der Erzklarheit alles Liechtes /
meine Noht verborgen seyn?
solten Seuffzer Herzen sporen /
bey dem Urohr seyn verlohren?
ach der Glaube saget / nein!
2.
Solt das all-erfüllend Wesen
nicht in meinem Herzen lesen /
dessen innerste Begier?
solt es / weil es ihm zu Ehren /
nicht so seltnen Wunsch gewähren?
Glaube hält es nicht dafür.
3.
Solt der zartest' Augen-Schmerzen
nicht dem Höchsten gehn zu Herzen /
als die gröst' Unleidbarkeit?
solt' er / wann man an-will-tasten
seinen Augen-Stern / noch rasten
und verziehen lange Zeit?
[318]
4.
Siht er doch / in meinem Flehen
seines Geistes Strahlen stehen /
und mit Christ-Rubinen Blut
alle meine Wort versetzet!
ist sein Herz dann nicht durchätzet /
von der Purpur-Flammen Flut?
5.
Er wird ja die Thränen zählen /
und Ergetzung auserwählen /
auf so heissen Himmel-Zwang!
seine Hand wird sie abwischen /
und mit Himmel-Lust erfrischen:
fliessen sie gleich noch so lang.
6.
Die beweglichst Erzbewegung /
lässet zu die Creutz-Erregung:
daß sie den Hülff-Stachel spitzt /
daß die Feuer-Liebes strahlen
können durch gedonnert fallen /
und die Gnaden-Hülff herblitzt.
7.
O du Himmlisch-leises Lenden /
unbegreifflichs Segen-Senden![319]
ich vertrau mich deinem Raht.
Kan ich schon dein Ziel nicht sehen:
will ich in Gehorsam gehen /
und es finden in der That.
8.
Laß mir nur ein wenig leuchten /
deine Weißheit / mich befeuchten
mit dem Edlen Glaubens-Safft /
mein verschmachtes Seelen-Leben!
so will ich mich ganz dir geben /
gibstu nur ein Tröpfflein Krafft.
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Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte
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