8.
An Eugenien

[69] Wenn meine Seel in Euch/ mein Licht? wie kan ich leben?

Nun das verhängnüß mich so ferne von euch reißt.

Wie kan ich frölich seyn/ wenn jhr mir Ewren geist

Nicht für den meinen woll't/ (den jhr gefangen) geben?

Man siht mich hier/ doch nur alß ein Gespenste schweben.

Alß ein verzaubert Bild/ das sich beweglich weißt

Durch frembder künste macht/ diß was man sterben heißt

Kan meine Schertzen wol/ nicht meine flamm' aufheben.

Klagt euch das Hertze nicht das jhr in bande legt

Wie scharff die Geissel sey die meine glieder schlägt/

Doch nein! es ist zu schwach/ sein Elend auß zusprechen.

Es weiß nichts mehr von mir/ Es kennt euch nur allein/

Es frewt sich seiner Angst/ vnd wündschet diese pein

Der Bande/ durch ein band/ das ewig sey/ zu brechen.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 69.
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