101. Der wunderbare Mühlstein zu Perleberg.152

[102] In der Johanniswoche am 26. Juni 1650 gingen zwei Mägdlein, Christoph Riekens Schneiders und Clemens Rotens Bierspunders in Perleberg beide Töchter nach dem Morgenmahl spielen bei einem untersten dicken Mühlstein, welcher an der Dammmühlen gelehnt stund, da sie Zweifelsfrei aus kindlicher Einfalt ihn im Sande so viel ausgescharret, daß der Mühlstein über sie zugefallen, so daß von beiden Kindern nichts zu sehen. Als gegen dem Mittagsmahl die Eltern ihre Kinder vermißten, können sie dieselben nach ängstlichem Suchen nicht finden, endlich werden sie unter dem Mühlstein eines Zipfels von einem Kindesröcklein gewahr, derwegen die Nachbarschaft mit Hebestangen den Stein leichtete, da die Kinder breit gedrückt und ganz braun für todt herausgebracht wurden, um 2 Uhr des Nachmittags; erholten sich aber durch Gottes Allmacht wieder, daß sie an Gliedern unverletzt beim Leben geblieben und groß worden. Eben dieser sehr schwere Stein trieb hernach zur Winterszeit eine gute Ecke auf dem Wasser fort, bis er am[102] Ufer sich legte an den Ort, da er noch lag anjetzo 1679, mit unglaublicher Verwunderung der Reisenden. Er war mit dickem Eise umgeben, und da vom plötzlich geschmolzenen tiefen Schnee die Stepenitz eine erschreckliche große Fluth brachte, riß die Gewalt des schnellen Stroms den befrorenen Stein mit dem Eise zugleich fort.

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S. Beckmann, Th. V.B. II. S. 83.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 102-103.
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