129. Die Pfaueninsel.181

[128] Die als Lieblingsort des Königs Friedrichs des Großen berühmte Pfaueninsel bei Potsdam war zur Zeit des großen Churfürsten ein allgemein gefürchteter und von Jedermann gemiedener Ort. Sie war nämlich der Aufenthaltsort des als Schwarzkünstler verschrieenen Goldmachers und geheimen Kammerdieners des großen Churfürsten, Kunkel von Löwenstern, der bekanntlich auf Kosten desselben eine Glashütte an der Nuthe unweit der Wassermühlen am Hakschen Damm und eine Glasschleiferei zu Berlin errichtet hatte und bei seinen kostspieligen Versuchen zur Erzeugung der Edelsteine auf die Entdeckung des berühmten Rubinglases gekommen war. Derselbe schlug auf dieser Insel seinen Wohnsitz auf, bis er nach dem Tode seines Herrn nach Schweden ging, und benutzte seine physikalischen Kenntnisse, um durch scheinbare Zauberkünste das Publikum von der Insel fern zu halten. Darum wagte auch nie ein Fischer mit seinem Kahne an dem ungastlichen Ufer der Insel zu landen, denn wer es versucht hatte, mußte seine Neugierde mit dem Untergange seines Fahrzeuges büßen, das auf unerklärliche Weise wie faules Holz zerfiel oder wie ein Schwamm Wasser einsog und untersank. Sobald Jemand den gefürchteten Goldmacher nur von fern sah, wich er ihm erschreckt aus, und auf der Insel selbst hatte er, nachdem ihn sein alter Diener Klaus verlassen hatte, der Heideläufer geworden war, aber im Jahre 1650 zu Berlin wegen erwiesener Zauberei hingerichtet ward, Niemanden als einen mißgestalteten Menschen, der bald nachher auch noch die Sprache verlor, ihm aber treu anhing, sowie einen großen schwarzen zottigen Hund bei sich, mit dem er durch den Wald strich und der von dem Publikum seiner glühenden Augen wegen für einen bösen Geist gehalten ward. Auch nach seinem Tode soll sich der Geist des Goldmachers von der Pfaueninsel nicht haben trennen können und zuweilen noch jetzt dort wahrgenommen werden. Der feurige Hund aber soll sogar noch jetzt zuweilen längs dem Strande der Havel bis zu der Badebucht seines Herrn, da wo jetzt der Weg Sakrow gegenüber zur Havel hinabführt, hineilen und dann mit jämmerlichem Geheul im Walde verschwinden.

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Nach Reinhard S. 153.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 128.
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