221. Die Isen-Schnibbe bei Gardelegen.284

[200] Nahe bei der Stadt Gardelegen an der Milde liegt ein festes Haus, die Isernschnibbe oder die Isenschnibbe genannt. Dasselbe soll schon von dem römischen Feldherrn Drusus herstammen, der dort einen Tempel zu Ehren der Göttin Isis, darin deren Bildniß gestanden, und darauf ein festes Schloß dahin soll gebauet haben. Von der Göttin hat es zuerst Isisburg oder Isenburg geheißen. Als aber hernach die Wenden das Schloß hart belagert und es nicht eingenommen, sondern manche Schnappe (d.h. Schlappe) davor bekommen, auch endlich unverrichteter Sachen haben abziehen müssen, da haben sie gesagt, das sei eine wahre Isenschnibbe, woher es diesen Namen behalten. Wahrscheinlich aber kommt der Name von dem Worte Schnibbe, d.h. der zugespitzte Theil eines Dinges, z.B. der zugespitzte Theil am Kopfzierrath, welchen die Frauen vor alten Zeiten vor der Stirne trugen, her, weil jener Ort auf der Spitze vor Gardelegen liegt, wo die dortigen kleinen Flüsse mit der Milde zusammentreffen.

284

Nach Beckmann Th. V. Bd. I. Cap. IV. S. 70.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 200.
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