411. Der Bruder Basilius Valentinus vom Petersberge zu Erfurt.497

[350] Der berühmte Goldmacher Basilius Valentinus ist, ehe er nach Erfurt kam, erst im Kloster Walkenried am Harze gewesen und hat daselbst im Kreuzgange auf den Seiten der Kirche unter den Schwibbogen, wo sie auf die Mauer stoßen, statt eines Zierraths das ganze natürliche Geheimniß des Steins der Weisen in steinerne Figuren hauen und mit Bildern zieren lassen. Denselben philosophischen Prozeß mit symbolischen Figuren hat er auch auf die Fenster des St. Petriklosters auf dem Petersberge zu Erfurt abmalen lassen und ist dieses Bild noch bei Uebergabe der Stadt an den Churfürsten Johann Philipp vorhanden gewesen. Manuscripte von ihm nebst einer[350] Schachtel mit goldgelbem Pulver haben ehedem unter einer Mauer des Klosterrefectoriums verborgen gelegen und das Recept selbst soll er an zwei verschiedenen Stellen daselbst vergraben haben. Als der Prälat Placidus Kesselmann im Jahre 1706 die Seite des Klosters gegen Abend zu zu bauen anfing, hatten die Arbeiter beim Einreißen der Mauer ein kleines Behältniß entdeckt, in welchem sie ein Gläschen, einen Finger lang und mit einer gewissen Materie angefüllt, fanden, aber aus Unachtsamkeit mit unter dem Schutte fortgeräumt. Was nun seine Handschriften anlangt, so sind die meisten derselben im 30jährigen Kriege auf Befehl der Königin Christine von Schweden aus der Klosterbibliothek weggenommen und nach Schweden geschickt worden, bis auf zwei, von denen das eine auf Befehl des Churfürsten Johann Philipp an den Churfürsten von Cöln, Maximilian Heinrich, ausgeliefert wurde, das andere ist aber von dem Prälaten Nicolaus de Gouverneur dem Pater Procurator des Karthäuserklosters geliehen und von diesem nicht wieder zurückerstattet worden. Später hat der bekannte Goldmacher Baron von Hellwig dem Herzog Christian von Eisenberg erzählt, daß er gewissermaßen seine Wissenschaft dem Basilius Valentinus verdanke. Er befand sich nämlich als Knabe in der Jesuitenschule zu Erfurt; da nun um diese selbige Zeit (1664) die Stadt Erfurt durch den Churfürsten von Mainz, Johann Philipp, eingenommen ward, so begab es sich, daß einige Soldaten, welche an der Befestigung des Petersberges arbeiten mußten, als sie ein Gewölbe unter der Erde machen wollten, ein zusammengewickeltes Buch fanden. Zufällig kam gerade der junge Hellwig an diesen Ort und kaufte den Soldaten das Buch für wenig Geld ab. Als er nun in dasselbe einen Blick gethan, so findet er, daß darin die meisten Schriften des Basilius Valentinus enthalten waren, aber ganz verschieden von denen, die im Drucke erhalten sind, und mit Zusätzen versehen, die in letzteren gänzlich mangeln. Als nun die Jesuiten verlangten, daß ihnen dieser durch einen glücklichen Zufall gefundene Schatz ausgehändigt werden möchte, ist der junge Hellwig, der das Buch bereits einmal durchgelesen hatte, aus Erfurt aus Furcht vor den Mißhandlungen der Jesuiten entflohen, das Buch aber ist in den Händen derselben zurückgeblieben, Hellwigen aber ist es trotz vieler Versuche doch nicht gelungen, blos aus dem Gedächtnisse die in dem Buche enthaltene Anweisung zum Goldmachen richtig auszuführen.

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Nach J. Christ. Motschmann, Erfordia literata. III. Samml. S. II. S. 390 sq.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 350-351.
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