441. Das unterbrochene Fest zu Saaleck.530

[377] Der Rudelsburg gegenüber und durch eine tiefe Felsschlucht von ihr getrennt liegen auf einem ganz abgerundeten, sanft aufsteigenden, auf der Oberfläche aber sehr beschränkten Berge die Ruinen des Schlosses Saaleck, welches angeblich Karl der Große selbst erbaut haben soll. Von demselben sind jetzt nur noch zwei hohe runde Thürme übrig, auf deren einem, nach Morgen gelegenen man aus einem noch erhaltenen Zimmer eine prächtige Aussicht genießt. Diese Burg ward später von den Schenken von Saaleck, ihren Herren, an den Bischof Witigo von Naumburg verkauft und von da ab von den dasigen Bischöfen als eine Domaine betrachtet, wo sie ihre Feste veranstalteten. Nun bestieg im Jahre 1347 der Bischof Johannes I. aus dem Geschlechte derer von Miltitz den bischöflichen Stuhl. Dies war ein allen Lastern ergebener Mann, dessen Hof zu Naumburg, wie der Chronist sagt, eine Grundsuppe der Hölle war und dessen Hofstaat nur aus erzgottlosen Bösewichtern und Kindern des Teufels bestand, welche keine Sünde zu begehen die geringste Scheu trugen. Seine ganze Regierung über that er nichts als »Fressen, Saufen, Huren, Buben, Reiten, Fahren und Jagen, also als ob kein Gott im Himmel wäre.« Er hatte eine offenkundige Kebsfrau, Kunigunde von Bibra, dann aber hielt er es auch ohne Scheu noch mit einigen adligen Nonnen zu Raspenburg. Seine größten und meisten Schandthaten aber beging er auf dem Schlosse Saaleck, wo er einen förmlichen Harem angelegt hatte. So beschloß er denn auch am Johannistage des Jahres 1380 hier seinen Namenstag durch ein großes Bankett und Tanzfest zu feiern und hatte dazu eine Rotte von 14-15 Gauklern aus Nürnberg verschrieben, welche die Gäste belustigen sollten. Nach aufgehobener Tafel sind an 200 Personen beiderlei Geschlechts in den großen Saal getreten, um einen Tanz zu machen, und der Bischof Johannes, der als Wirth den Vortritt machen wollte, nahm die Ehefrauen der Ritter von Berbisdorf und von Madel, die eine bei seiner rechten, die andere bei seiner linken Hand, um den Anfang zu machen; indem er nun, wie gewöhnlich, das rechte Bein in die Höhe heben will, zittert er auf einmal am ganzen Leibe und fällt wie ein Bleistück zu Boden und bleibt trotz alles Schüttelns, Reibens und aller angewendeten Mittel todt, die Hand Gottes hatte ihn gerührt und der Teufel seine gottlose Seele mitten unter seinen Kumpanen entführt.

530

Nach Gottschalk, Ritterburgen und Bergschlösser Deutschlands. Halle 1826. Bd. V. S. 303 sq.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 377-378.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sagenbuch des Preußischen Staats
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band