629. Der Schimmelreiter vom Bielstein.741

[585] Was man jetzt den Bielstein nennt, ist nicht der alte Bielstein, sondern dieser liegt nicht weit davon ab am Berghange und gleichfalls unweit Ilfeld. Dort soll früher dem Götzen Biel geopfert worden sein und große Feuer, die ihm angezündet waren, sollen weit ins Land hineingeleuchtet haben. Das erzählt man in Ilfeld und außerdem, daß ihm Zehnten gebracht worden wären, welche die heidnischen Priester sich angeeignet hätten und die noch jetzt an das Kloster Ilfeld gegeben werden müßten, auf welches sie übergegangen wären.

Auf dem Bielstein ist seit langer Zeit immer ein Mann ohne Kopf zum Vorschein gekommen. Er hat einen blendend weißen Schimmel gehabt und den Kopf unter dem Arme getragen. So ist er nach dem Burgberge geritten und dicht bei dem Brunnen verschwunden. Ist der Schimmelreiter an einen gewissen Kreuzweg gekommen, so ist er jedesmal abgestiegen und hat sich erst wieder aufgesetzt, wenn er hinüber gewesen ist. Früher ist er nur zur Himmelfahrt erschienen, jetzt wird er aber viel gesehen. Wiehert sein Roß, so hat das stets etwas zu bedeuten; entweder die Witterung ändert sich, oder dem, der das Wiehern hört, steht ein Unglück bevor. Die den Reiter verfolgen, werden irre geführt.

Viele sagen, der Schimmelreiter um Ilfeld sei der Amtmann Frießeberg oder Friesberg, der reite auf dem Schimmel im Felde umher ohne Kopf und verjage die Felddiebe. Seiner Gottlosigkeit und seines Spukens wegen habe man ihn gebannt und dabei habe er unter die Treppe oder ins Nadelöhr gewollt, doch habe man ihn in einen Sumpf vor dem Baumgarten des Klosters gebannt, da erscheine er oft zwischen den Schweinen, wenn diese sich im Sumpfe wälzen. Zeigen soll er sich, wie Einige sagen, besonders in der Fastenzeit.

Frießeberg's Bedienter soll Klevesaal geheißen haben, und dessen hölzernes Bild befindet sich noch auf dem Amte zu Ilfeld. Mit dem Klevesaal wird dort zwar jetzt von den Mädchen groß Gespötte getrieben; wenn aber das hölzerne Bild aus dem Amte kömmt, so spukt es.

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S. Pröhle, Harzsagen S. 226.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 585.
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