20. Der Wasserteufel bei Altenberg.

[24] (Nach Montanus Bd. II. S. 192.)


Als im Kloster Altenberg die neue Klosterkirche in der stolzen Pracht ihrer Mauern noch mehr Verehrer an sich lockte, als dies früher der Fall gewesen war, so wollte der böse Feind, dem dieses Kloster stets ein Dorn im Auge gewesen war, fast vor Aerger und Neid bersten. Er sann auf Mittel, die Kirche zu vernichten und versuchte es zuerst mit Feuer; als aber dies nicht gelang, so erregte er am Tage vor Christi Himmelfahrt, den 23. Mai 1324, oberhalb des Klosters ein so greuliches Unwetter, daß die Dhün schnell so anschwoll, daß ihre Wogen, Alles mit sich fortreißend, gegen das Kloster schlugen, und der Satan stellte sich, um zu verhindern, daß dieselben in dem bei der Abtei breiter werdenden Thale sich verflachen möchten, in eigener Person auf die Dhünbrücke und versuchte sie gegen die Kirche zu treiben und aufzuhalten. Das gelang ihm auch in soweit, daß der ganze Klosterhof unter Wasser kam, die Fluth Menschen und Thiere verschlang und in Kirche und Abteigebäuden Schlamm und Baumstämme aufhäufte. Schon zitterte die Klosterkirche unter der Gewalt des Wogenandranges und Jedermann, blos auf seine Rettung bedacht, blieb rathlos dem allgemeinen Unglück gegenüber. Da gewahrte Reinhard's, des hochwürdigen Abts Scharfblick den in dem Strome unterhalb der Dhünbrücke stehenden Vater alles Bösen, vor welchem die Fluthen ängstlich heraufzischten. Schnell machte er ein gewaltiges Kreuz über dessen ganze Figur und sprach einen gesalbten Fluch, worauf der Satan plötzlich so schwach ward, daß ihn das Wasser mit fortriß, welches sich dann allmälig verlief.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 24-25.
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