23. Der Kleine zu Remscheid.

[27] (Nach Leibing S. 39.)


Zu Remscheid an der Kirche wohnte ein Mann, der war so klein, daß ihn die Kirchgänger immer auslachten, so oft er vor seiner Thüre stand. Er betrübte sich darüber sehr und brach eines Tages, als er im Walde war, laut in die Worte aus: »Ach, ich wünschte doch blos, daß ich recht groß wäre!« Da trat ein Mann zu ihm, rührte ihn mit seinem Stabe an und verschwand. Als der Mann, der vorher so klein gewesen war, wieder nach Hause zurückkehrte, lief Alles im Schrecken vor ihm davon und rief: »Da kommt ein Riese, ein Riese!« Er aber wußte gar nicht, daß er so groß geworden war, dachte, die Leute spotteten, wie gewöhnlich, seiner kleinen Gestalt und wollte in seine niedrige Hausthüre eintreten. Dabei lief er aber mit dem Kopfe gegen den Giebel des Hauses und stieß sich so, daß er zur Erde taumelte. Nun hatte er wieder viel Spott auszuhalten wegen seiner Länge und Ungeschlachtheit. Da ging er wieder betrübt in den Wald und sprach: »Ach, wäre ich doch wieder so klein wie früher!« Auf der Stelle ward er wieder so klein, wie er zuerst gewesen. Nun ließ er die Leute reden, wie sie wollten, und war mit seiner Gestalt stets zufrieden.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 27.
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