39. Die Krummbeinigen zu Solingen.

[52] (Nach Leibing S. 40.)


In Solingen wohnen viele Leute, welche krumme Beine haben, und das soll so zugehen. An der Stelle, wo die Wupper von beiden Seiten durch hohe Bergwände eingeschlossen ist, stand ehedem ein Schleifkotten. Wenn sich nun die Bewohner desselben etwas zu Gute thun wollten, so kochten sie Reisbrei. Aber der Topf, den sie dazu gewöhnlich brauchten, ward allmälig zu klein für die große Familie. Nun aber war dem Schleifkotten gegenüber eine große Höhle, in welcher Zwerge wohnten. Diese besaßen einen weit größern Kochtopf; wenn nun die Bewohner des Schleifkottens wieder Reisbrei kochen wollten, gingen sie hin zur Höhle und baten die Zwerge, ihnen den ihrigen zu leihen. Dies thaten dieselben auch stets auf das Bereitwilligste, jene aber brachten ihnen auch jedesmal den Topf redlich zurück, ließen aber stets etwas Brei darin. Da kamen auf einmal andere Leute aus Solingen zu der Höhle und baten die Zwerge um ihren Topf. Sie erhielten ihn auch, brachten ihn auch richtig zurück, allein statt Reisbrei hatten sie Koth hineingethan. Das bekam ihnen aber schlecht, die erzürnten Zwerge verwünschten sie und ihre Nachkommen und seit dieser Zeit haben alle, die von jener Familie abstammen, krumme Beine.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 52.
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