81. Die Teufelskirche zu Trier.

[100] (Nach [Dielhelm's] Antiquarius des Neckar-, Main-, Lahn- und Moselstroms. Frankfurt a.M. 1740 S. 639 und einer andern poetisch ausgeführten Sage bei Laven S. 5 etc.)


Die Simonskirche (nicht Domkirche) zu Trier soll ein Werk des Teufels sein. Sie liegt auf einem Hügel, so der einzige in der ganzen Stadt ist und stellt ein längliches Viereck vor, welches von lauter aschefarbigen und so großen Steinen aufgeführt ist, daß man kaum glauben kann, wie Menschenhände vermögend gewesen sind, dieselben dorthin zu wälzen und auf einander zu setzen. Nach der einen Erzählung hätte der einstige Erbauer derselben sich des Satans Hülfe dabei bedient und ihm vorgespiegelt, er wolle allda ein Hurenhaus anlegen und Spieltische darin aufrichten, worunter er die Altäre verstand, wie denn diese Altäre auch in der That nicht ganz gerade, sondern ein wenig abhängig sind. Als aber die Kirche fertig war, habe derselbe gemerkt, daß er betrogen sei und mit der Tatze in die Mauern gegriffen um sie einzureißen, sei aber durch einen frommen Priester daran verhindert worden! Da habe er bei der schnellen Flucht eine Kralle verloren und das sei das Horn, welches zu Ende des 16. Jhdts. in der Kirche noch an der Mauer hing und als Teufelsklaue gezeigt ward.

Nach der zweiten Erzählung hatte sich der Teufel, als gerade der Trierer Stadtrath beisammen gesessen, um sich während des Baues der genannten Kirche über die Ausschmückung derselben zu berathen, demselben mit dem Anerbieten vorgestellt, er wolle sie so hoch und so schön bauen wie keine andere im deutschen Reiche zu finden sei, und damit Schlag Zwölf in der Christnacht fertig sein, auch noch die beiden Pfortenflügel vom Capitol zu Rom holen und hier als Thorpforte einhängen, wenn man ihm die Seele des ersten Beters in der fertig gewordenen Kirche bewillige. Dies hatte der Stadtrath auch bewilligt und dem Teufel verbrieft, derselbe auch sein Wort gelöst, und als die Glocke zur Christmesse ins neue Gotteshaus gerufen,[100] da hatte er blos noch die Capitolthüren zu holen gehabt, er hatte dieselben auch herbeigeschafft, allein unterwegs vor Müdigkeit sich auf der Spitze des Montblanc niedergelassen um kurze Zeit auszuruhen. Da ist ihm dort ein wunderschönes Frauenbild entgegengetreten und hat ihn durch ihre Unterredung so zu fesseln gewußt, daß er die Zeit versäumte und plötzlich der Morgen graute, dann hat sie sich ihm als die Mutter Gottes zu erkennen gegeben und ihm gestanden, daß sie absichtlich ihn getäuscht habe, damit er zu spät kommen möge. Als nun der Teufel nach Trier kam und über der Kirche schwebte, da sprach gerade der Priester darin nach Beendigung der Messe den Segen und der betrogene Teufel warf vor Wuth die schweren Pfortenflügel auf das Dach der Kirche, zwar zerschlugen sie dasselbe und das darunter befindliche Gewölbe, allein verletzt ward keiner der Beter die darin waren, und zum Andenken ließ man seitdem stets eine Oeffnung im Kirchendache klaffen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 100-101.
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