96. Der den Teufel austreibende vermessene Priester.

[109] (Nach Remigius Daemonolatria Bd. II. S. 125.)


Es war ein Pfarrherr in einem Dorfe, Durweis genannt, bei Esweiler, der hatte sich vermessener Weise unterstanden, von einer besessenen Jungfrau mit Namen Helena im Dorfe Loen, nicht weit von Aldenhoven im Herzogthum Jülich gelegen, durch seine Beschwörung den Teufel auszutreiben und[109] sie von den Banden des bösen Feindes zu entledigen. Und damit die Sache desto mehr Ansehen hätte, hat er zu solcher Austreibung etliche benachbarte Pastores als Anschauer dieses Mirakels gefordert. Unter welchen einer mit Namen Johannes Windelius, Pfarrherr zu Beicht, auch gegenwärtig gewesen und den ganzen Handel mit angesehen hat. Ob aber nun wohl dieser vermessene Beschwörer mit seinem Austreiben und Beschwören eine gute Weile zugebracht, so hat doch der Teufel nicht weichen wollen, sondern zur Antwort gegeben, er wolle in dem Menschen bleiben und nicht ausfahren, darum daß viele seiner Gesellen um das Glas her, welches man nach Brauch und Gewohnheit, denselbigen Ort zu erleuchten, brauchte, vorhanden wären, welche ihn dabei confirmirten und stärkten. Der gute Pfarrherr glaubte diesem Lügner und wandte sich zu seinen Gesellen, denselben auszutreiben; als er aber sah, daß alle seine Mühe und Arbeit verloren und umsonst war, da ist er endlich ungeduldig worden und im Zorne mit diesen lateinischen Worten herausgefahren: Si ullam habes potestatem transmigrandi in Christianum sanguinem, transmigra ex illa in me (wenn Du irgend eine Macht hast, in christliches Blut einzuziehen, so verlaß diese und fahre in mich)! Darauf hat ihm der Teufel, als der auch den Priscianus gelesen, bald wiederum lateinisch geantwortet: Quem pleno jure in postremo die possidebo quid opus est hunc tentare (was brauche ich den zu versuchen, welchen ich mit vollem Recht am jüngsten Tage so wie so in Besitz haben werde)? Nach diesem hat Johannes Sartorius, Pfarrherr zu Loen, vor der Messe des Teufels Urtheil und Bericht zu wissen begehrt, hat ihn deswegen in deutscher Sprache gefragt: warum er denn die Jungfrau alsbald nach dem Glockenklang, wenn man zur Messe läute, alsobald also zur Kirche zwinge und nöthige, ob denn die Messe so gut oder böse sei? Darauf hat der Teufel geantwortet: er sei auf diese Frage eine Antwort zu geben nicht vorbereitet, darum müsse er Bedenkzeit nehmen. Dieser Handel hat sich begeben am 17. August des Jahres 1559.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 109-110.
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