131. Die Gründung des Klosters Marienburg bei Boppard.

[150] (S. Kiefer S. 117 etc.)


In der Mitte des 12. Jhdts. lebte Ritter Konrad Bayer von Boppard, ein junger, aber etwas wilder Edelmann, der sich mit der Tochter eines benachbarten Ritters, Namens Maria, verlobt hatte. Da er jedoch Zerstreuungen und Feste, mehr als recht war, liebte, so ward es seinen gleichgesinnten Freunden nicht schwer, ihm vorzustellen, daß er noch zu jung sei um sich in das Ehejoch zu beugen, und da er ohnedies etwas veränderlicher Natur war, so sagte er dem Vater der Jungfrau sein Verlöbniß unter nichtigem Vorwande wieder ab. Er kümmerte sich nicht weiter um die Folgen seiner unverzeihlichen Handlungsweise, dachte bald nicht weiter an seine unglückliche Braut, da traf er eines Tages, als er zur Jagd in den Wald geritten war, dort einen fremden Ritter mit geschlossenem Visir, der sich ihm in den Weg stellte und, von ihm aufgefordert, zur Antwort sein Schild hinhielt, welches das Wappen des Geschlechtes trug, welchem seine verschmähete Braut angehörte. Er vermuthete, daß es ihr bislang im gelobten Lande abwesender Bruder sein möge, zog sein Schwert und drang scharf auf ihn ein, sein Gegner vermochte auch seinen kräftigen Hieben nicht zu widerstehen und sank bald zum Tode getroffen vor ihm nieder. Da eilte Konrad, dem zum Tode Verwundeten den Helm zu lösen, aber wie wurde ihm, als er sah, wer vor ihm lag, es war seine frühere Braut, welche sich in diese Verkleidung verkappt hatte, um von der Hand ihres Geliebten zu sterben, denn ohne ihn wollte sie auch nicht leben. Verzweifelt suchte er das entrinnende Leben des Mädchens zurückzuhalten, aber umsonst, nach wenigen Augenblicken gab sie ihren Geist auf, einem Wahnsinnigen[150] gleich warf er sich über die Entseelte und so fanden ihn seine Leute. Nachdem er sie auf das Prächtigste zur Gruft bestattet hatte, ließ er, um seine Schuld einigermaßen zu sühnen, über ihr Grab ein Kloster bauen, welches er Marienburg nannte und dem er alle seine Güter schenkte, er selbst aber eilte dann nach Palästina zum Kreuzheere, wo er den gesuchten Tod bald fand.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 150-151.
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