181. Die Erbauung des Klosters Trebnitz.

[195] (Nach Büsching S. 17 etc. Gödsche S. 57 etc.)


Herzog Heinrich I., auch mit dem Barte genannt, der Gemahl der frommen Hedwig, die in die Zahl der Heiligen versetzt und die Schutzpatronin Schlesiens ward, ritt einst in den waldigen Höhen, dort wo jetzt im Thale Trebnitz ein Kloster liegt, um zu jagen. Entfernt von seinem Gefolge kam er in das Thal hinab und stürzte unvermuthet mit seinem Pferde in einen Sumpf, und da er keine Möglichkeit sah sich zu retten, so wandte er sich in inbrünstigem Gebet an seinen Gott und Vater. Und der Engel des Herrn, gehüllt in die Tracht eines Köhlers, trat zu ihm, reichte ihm einen Baumast und rettete ihn, der Herzog aber knieete hin, dankte Gott und gelobte, ein Kloster an dieser Stelle zu bauen. Der Bau begann im Jahre 1203 und dauerte über 16 Jahre, als nun aber derselbe endlich fertig war, da weihte es der fromme Bischof von Breslau, Cyprian, zu einem adligen Jungfrauen-Kloster und führte die Nonnen, welche die h. Hedwig aus dem Cisterzienserkloster zu Bamberg, wo ihr Bruder Egbert Bischof war, hatte kommen lassen, darin ein, der Herzog aber ließ demselben reiche Schenkungen zufließen, indeß hatte er ihm noch keinen Namen beigelegt. Da frug er die Nonnen, ob sie noch etwas bedürften, sie aber antworteten polnisch trzeba nic (es bedarf nichts), worauf der Herzog antwortete: »Nun soll das Kloster Trzeba nic (Trebnitz) heißen. Der Name ist ihm geblieben und das Kloster gehört heute noch zu den beliebtesten Andachtsorten der Schlesier und Polen.« Auch der Herzog Heinrich liegt in der dasigen Stiftskirche begraben und in dem Gewölbe hinter dem Altar, auf der Stelle, wo er einst versunken war, quillt ein Brunnen hervor, dessen klares Wasser die Wallfahrer trinken und dem man heilende Kräfte zuschreibt. Es knüpfen sich aber an diesen Ort noch verschiedene andere Erinnerungen aus dem Leben der Heiligen.

Während das Kloster noch im Bau begriffen war, kam die h. Hedwig oft hierher, um denselben zu überwachen und die Arbeiter aufzumuntern. Nun mußte sie, wenn sie hierher kam, bei Obernick an einem Teich vorbei, wo sie sich ihre Füße zu waschen pflegte, dieser Teich heißt deshalb heutigen Tages noch der Hedwigsteich. Desgleichen steht bei Trebnitz auf dem Wege nach Breslau linker Hand eine alte Kapelle, Hedwigsruh, weil die Heilige auf dieser Stelle auszuruhen pflegte. Im Buchwald bei der Eremitage ist ein Brunnen, der Hedwigsbrunnen genannt, auf dem Grunde desselben sieht man bei hellem Sonnenschein einen goldenen Ring blinken, aber Niemand kann ihn herauf holen. Dies geht so zu. Als die h. Hedwig einmal in den Wald gegangen war, um Kräuter für Kranke zu suchen, da begann sie sehr zu dürsten und es war kein Wasser im ganzen Umkreise zu finden, womit sie ihren Durst hätte löschen mögen. Da kniete sie nieder, betete zu[195] Gott und warf dann ihren goldenen Fingerring hinter sich. Wo aber der Ring zur Erde gefallen, da sprudelte auf der Stelle eine schöne und klare Quelle hervor, an der sich die Heilige stärkte. Später hat sie dabei eine Klause und ein Kirchlein erbaut.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 195-196.
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