187. Die Hexe zu Lewin.

[198] (S. Aelurius, Chronik von Glatz S. 236 etc.)


Im Jahre 1345 hat sich in dem Städtlein Lewin eine schreckliche Historie zugetragen. Es war darin ein Töpfer mit Namen Duchacz, welcher ein Weib hatte, die hieß Brodke und war voll teuflischer Zauberei. Als dieses bekannt wurde, ermahnten sie die Priester, von solchem bösen Thun abzustehen. Da begab es sich plötzlich, als sie ihre Geister zusammengerufen, daß sie eines plötzlichen Todes verstarb. Niemand wußte zu sagen, ob sie von bösen Geistern umgebracht oder sonst gestorben sei. Deshalb wollte man sie unter frommen Christen nicht begraben, sondern verscharrte sie an einem Scheidewege. Bald wurde jedoch verspürt, daß sie umging, zu den Hirten auf dem Felde kam, sich in allerlei Thiergestalten verwandelte, die Hirten erschreckte, das Vieh verjagte und nicht wenig Bekümmerniß verursachte. Bisweilen ließ sie sich auch noch in ihrer Gestalt, als sie lebte, sehen, kam so ins Städtchen Lewin und in die Dörfer, in der Leute Häuser[198] unter mancherlei Gestalten, redete mit den Leuten, erschreckte sie und brachte manche sogar ums Leben. Da vereinigten sich die Bürger und Bauern, ließen die Leiche durch einen hierzu tüchtigen Mann ausgraben; nun konnten alle anwesenden Menschen sehen, daß sie die Hälfte des Schleiers, den sie auf dem Kopfe gehabt, in sich hinein gewürgt hatte; derselbe wurde ihr ganz blutig aus dem Halse gezogen. Hierauf ließ man ihr zwischen die Brust einen eisernen Pfahl schlagen, bald floß ihr Blut aus dem Leibe, nicht anders als aus einem Rinde, daß sich Alle verwunderten und dann ward sie wieder verscharrt. Aber nach kurzer Zeit ließ sie sich wieder sehen und öfters als zuvor, erschreckte und tödtete die Menschen und sprang mit den Füßen auf den Leichen umher. Deshalb wurde sie durch denselben Mann noch einmal ausgegraben und befunden, daß sie den eichenen Pfahl aus dem Leibe gezogen hatte und in den Händen hielt. Hierauf wurde sie sammt dem Pfahle verbrannt und die Asche im Grabe verscharrt. Zwar sah man an der Stelle nach etlichen Tagen einen schrecklichen Wirbelwind, die Hexe aber kam nie wieder.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 198-199.
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