201. Die Wahrzeichen von Brieg.

[212] (S. Schlesisches Histor. Labyrinth S. 246. 265.)


Die Stadt Brieg hatte zwei verschiedene Wahrzeichen. Vor dem untern zweifachen Eingange des größern und kleinern Schloßthores dieser Stadt stand in einem steinernen Postament des Schlosses als Wahrzeichen eingehauen ein Mann, der eine Kuh beim Schwanze hält. Dies sollte den großen in dieser Stadt abgehaltenen Viehmarkt andeuten und daher soll auch das schlesische Sprichwort kommen, »wem die Kuh gehöret, der nehme sie beim Schwanze!« Vielleicht hat dies auch darauf Bezug, daß im dasigen Schloßhofe im Jahre 1575 ein Ochse gewogen ward, der 2792 Pfund schwer befunden ward. Sein Unschlitt hat 9 Stein und die Haut 5 Steine und 20 Pfund betragen.

In demselben Schloßhofe zu Brieg ist oben auf einem Gange ein steinerner Hund ausgehauen zu sehen, dessen lebendiges Original dereinst[212] auf derselben Stelle stand, aber als sein Herr, der Herzog, einst von einer Reise unvermuthet nach Hause zurückkehrte, beim ersten Anblick desselben vor allzufreudiger Treue aus der Höhe herab jählings hinunter dem Fürsten entgegensprang, aber sich dabei zu Tode fiel. Aus Dankbarkeit hat ihn sein Herr dort in Stein hauen lassen und das ist das zweite Wahrzeichen.

Eine dritte Art Wahrzeichen der Stadt Brieg war sonst der lange gepflasterte Weg vor dem Breslauer Thore, an dessen Ende man einen breiten aufgerichteten Stein antraf, der folgende lateinische Verse trug:


Straverunt alii nobis, nos posteritati,

Omnibus at Christus stravit ad astra viam.


Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 212-213.
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